Essen. Die Bundesregierung will Gründerflaute in Deutschland bekämpfen: Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) will den Zuschuss für Wagniskapital steuerfrei stellen. Der Koalitionspartner Union fordert eigenes Börsensegment für IT-Gründer. Es geht aber auch um den Abbau von bürokratischen Hürden.

Gute Zeiten sind schlechte Zeiten für Gründer: Im ersten Halbjahr wurden in Deutschland 7,4 Prozent weniger Kleinunternehmen gegründet, um 2,8 Prozent ging es bei den größeren Betrieben runter, so das Statistische Bundesamt. In NRW und dem Ruhrgebiet wuchsen die Gewerbeanmeldungen zwar leicht, aber von einem vergleichsweise niedrigen Niveau.

Die auch aufgrund des stabilen Arbeitsmarktes seit Jahren schwachen Gründerzahlen lassen die Politik nun handeln. Die Große Koalition will es Jungunternehmern leichter machen – sowohl bei der Geldbeschaffung als auch beim Papierkram. Das hat sie vor:

Das will Sigmar Gabriel (SPD)

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat diese Woche den Weg frei gemacht für mehr Wagniskapital, das Investoren in Start-ups vor allem aus der IT-Gründerszene stecken können. Die Regierung fördert bereits Investitionen in innovative Start-ups mit dem sogenannten „Invest“-Zuschuss. Private Investoren, die sich mit mindestens 10.000 Euro an neu gegründeten Unternehmen beteiligen, können 20 Prozent davon erstattet bekommen. Diesen Zuschuss befreit Gabriel nun von den Ertragssteuern. Damit erleichtere die Regierung „jungen innovativen Unternehmen den Zugang zu dringend benötigtem Wagniskapital“, erklärte Gabriel dazu.

Das will die Union

Die Union steht hinter der Steuerbefreiung, ihr Wirtschaftsflügel fordert aber noch mehr: So wird bisher nur Anschubfinanzierung eines Start-ups erleichtert, Probleme bekämen viele Gründer aber nach erfolgreichem Start mit der Kapitalbeschaffung für Wachstums-Investitionen. „Invest“ müsse daher erweitert werden, fordert der CDU-Wirtschaftsrat.

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Fördern will die CDU zudem das sogenannte „Crowdfunding“, bei dem Jungunternehmen für ihre Geschäftsideen übers Internet Geld von vielen Privatpersonen sammeln – eine Art Schwarm-Wagniskapital. Solche Crowdfunding-Investitionen sollten steuerlich absetzbar sein, fordert die CDU. Überdies schlägt sie ein neues, eigenes Börsensegment für IT-Gründer vor. „Wir müssen die Rahmenbedingungen für deutsche Start-ups so setzen, dass neue Wettbewerber genauso kometenhaft aufsteigen können wie Google, Microsoft & Co.“, sagte CDU-Wirtschaftsrat-Präsident Kurt Lauk dieser Zeitung.

Das sagt dm-Gründer Götz Werner

Aus dem Hause Gabriel winkt Hilfe bei der Bewältigung der üppigen Bürokratie für Selbstständige. Gabriel plant dazu neue Anlaufstellen für Gründer und eine vereinfachte, digitale Behördenkommunikation. „Gründer sollen sich auf ihr Geschäft konzentrieren und nicht mit Formularen und Behörden unnötig Zeit verschwenden“, sagte der Minister.

Vielen Deutschen fehlt der Unternehmergeist, glaubt dm-Gründer Götz Werner. Er mahnt, die Angst vor dem Scheitern zu überwinden und eigene Ideen zu verwirklichen. „Wer nichts Neues ausprobiert, wird sich nie beweisen können“, sagte er dieser Zeitung. Auch der Staat werfe Gründern Steine in den Weg. Etwa durch „den Würgegriff des Finanzamts“, wenn auf die ersten Gewinne hohe Steuern anfielen, obwohl das Geld längst wieder investiert sei. „Das ist eine Schande“, so Werner.