Essen. . Künftig könnte es unter Umständen möglich sein, schon mit 61 Jahren aus dem Vollzeit-Berufsleben auszusteigen, ohne später Abschläge bei der Rente befürchten zu müssen – über einen Minijob. „Der Minijob ist kein Schlupfloch für die Rente mit 63, sondern höchstens ein Notnagel“, heißt es beim DBG.
Eigentlich will die Bundesregierung verhindern, dass es sich für Beschäftigte und Betriebe lohnt, schon mit 61 Jahren den Arbeitsplatz zu räumen. Daher gibt es eine Stichtagsregelung für das Anrechnen von Arbeitslosenzeiten: Versicherte müssen 45 Beitragsjahre nachweisen, um in den Genuss der abschlagsfreien Rente mit 63 zu kommen. Dabei zählen grundsätzlich auch Zeiten des Arbeitslosengeld-I-Bezugs mit – allerdings nicht in den letzten beiden Jahren vor Rentenbeginn. So soll vermieden werden, dass Beschäftigte bereits mit 61 Jahren aus dem Job ausscheiden, dann zwei Jahre lang Arbeitslosengeld und mit 63 Jahren das abschlagsfreie Ruhegeld beziehen.
Doch künftig könnte es doch unter Umständen möglich sein, schon mit 61 Jahren aus dem Vollzeit-Berufsleben auszusteigen, ohne später Abschläge bei der Rente befürchten zu müssen: Wenn ältere Betroffene sich arbeitslos melden und einen sozialversicherungspflichtigen Minijob ausüben, wird diese Zeit voll den Beitragsjahren zugerechnet, erklärte die Regierung in ihrer Antwort auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion. Dies könnte Menschen dazu ermutigen, mit 61 Jahren aus dem Vollzeit-Berufsleben auszusteigen und zum Beispiel nur vier Stunden pro Woche nebenbei zu arbeiten. Ein Schlupfloch im Gesetz?
"Schlupfloch" oder "Notnagel"?
„Der Minijob ist kein Schlupfloch für die Rente mit 63, sondern höchstens ein Notnagel, wenn Beschäftigte mit 61 Jahren gefeuert werden und ihnen deshalb Abschläge bei der Rente drohen“, sagt Annelie Buntenbach, Vorstandsmitglied beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB).
Auch das von Andrea Nahles (SPD) geführte Arbeitsministerium erklärte, man rechne nicht mit einer neuen Frühverrentungswelle. Zwar räumte das Ministerium ein, dass die zweijährige Sperrzeit vor Rentenbeginn entfalle, wenn sich Ältere in dieser Zeit arbeitslos melden, nebenher aber einem Minijob nachgehen. Allerdings würden dann kaum weitere Rentenansprüche aufgebaut, sodass die Einbußen bei Einkommen und Rente ab 63 sehr hoch seien.
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Klar ist auch: Die abschlagsfreie Rente mit 63 gilt ausschließlich für die Geburtsjahrgänge 1951 und 1952. Wer 1953 oder später geboren ist, darf jeweils erst zwei Monate später als 63 in Rente gehen. Die Geburtsjahrgänge 1964 oder danach können – auch mit 45 Beitragsjahren – frühestens mit 65 ohne Abschlag in Ruhestand gehen. Beispiel: Wer 1961 geboren ist, 45 Jahre lang Beiträge bezahlt hat und sich Hoffnung auf eine abschlagfreie Rente mit 63 macht, wird enttäuscht sein: Er oder sie muss bis 64 Jahre und sechs Monate im Job bleiben, um ohne Abschlag in Rente zu gehen.
Mittlerweile wieder mehr ältere Beschäftigte in den Betrieben
„Ich kann mich nur darüber wundern, dass wir Debatten führen, wie wir Menschen früher aus ihren Büros und Werkhallen herausholen und nach Hause schicken. Dabei sollten wir darüber reden, wie wir neue Arbeitsplätze schaffen können“, sagte Metall-Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger dieser Zeitung. Derzeit zahlen – statistisch betrachtet – 2,7 Erwerbstätige für einen Rentner. In 15 Jahren werden es nur noch zwei Erwerbstätige sein. „Es braucht nicht viel Mathematik, um zu erkennen, dass die Rechnung so nicht aufgeht.“
Inzwischen gebe es einen deutlichen Trend dazu, dass ältere Mitarbeiter länger in den Unternehmen bleiben und nicht aus den Betrieben gedrängt werden. „In den 90ern wollten alle, gerade Politik und Gewerkschaften, möglichst flächendeckende Vorruhestandsregelungen“, sagte Dulger. Mittlerweile spreche die Statistik eine andere Sprache. In der Metall- und Elektroindustrie sei die Zahl der Beschäftigten über 60 von rund 85 000 im Jahr 2000 auf etwa 214 000 im vergangenen Jahr gestiegen – ein Zuwachs von 152 Prozent.