Berlin. Die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes soll den Anstieg der EEG-Umlage, die Stromkunden zahlen müssen, begrenzen. Doch bei einer Anhörung im Bundestag wurden Zweifel an diesem Ziel laut. Verbraucherschützer sehen in dem Gesetzentwurf erhebliche Defizite.

Die Reform der Förderung des Ökostroms geht mit einer Anhörung im Bundestag in die letzte Runde. Diese EEG-Novelle soll den Anstieg der Strompreise für die Endverbraucher begrenzen. Ob dieses Ziel auch erreicht werden kann, ist allerdings umstritten. Einige der Experten aus Verbänden und Wissenschaft zweifeln an der versprochenen Preisbremskraft.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) sieht noch „erhebliche Defizite“ im Gesetzentwurf, die den Zielen der Kosteneffizienz und Verteilungsgerechtigkeit entgegenstehen. So müssen sich Bahnfahrer auf erheblich steigende Ticketpreise einstellen, wenn es bei der geplanten Regelung bleibt. Die Bahnen sollen stärker zu der Umlage für den Ökostrom beitragen als bisher. „Der zu zahlende Umlagebetrag würde sich in vielen Fällen mehr als verdoppeln“, warnt vzbv-Energieexperte Holger Krawinkel.

Bahnpreise steigen

Bisher bezahlen große Bahnunternehmen, die mehr als zehn Gigawattstunden Strom im Jahr verbrauchen, nur 0,5 Cent pro Kilowattstunde in den Fördertopf für Ökostrom. Normale Haushalte und Betriebe müssen dagegen 6,24 Cent bezahlen. Das Gesetz sieht eine Anhebung der Bahnbeteiligung auf 20 Prozent der Umlage vor. Bahnchef Rüdiger Grube hat schon mit einem Anstieg der Fahrpreise um zehn Prozent gedroht, wenn die Pläne umgesetzt werden. Verbraucherschützer Krawinkel lehnt die Erhöhung ebenfalls ab. Damit wäre der umweltfreundliche Schienenverkehr weniger attraktiv. Damit dies nicht eintritt, verlangt der vzbv eine geringe Umlage für Bahnen und eine Gleichstellung kleiner und großer Schienenverkehrsbetriebe.

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Der größte Streitpunkt aus Verbrauchersicht ist jedoch die geplante Beteiligung der Selbstversorger an der EEG-Umlage. Immer mehr Industriebetriebe, Landwirte oder auch Wohnungs- und Hauseigentümer produzieren ihren Strom durch eigene Kraftwerke, Solaranlagen oder Windräder selbst. Das wird angesichts des steigenden Strompreises auch finanziell immer attraktiver. Nun will Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel die Befreiung der Selbstversorger von der EEG-Umlage mit Ausnahme von sehr kleinen Anlagen abschaffen.

„Zeitbombe für die Preisentwicklung“

In diesem Schlupfloch für Anlagen mit einer Kapazität von bis zu zehn Kilowatt sieht das Rheinisch-Westfälische Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) eine Zeitbombe für die Preisentwicklung. „Die Zahl der von privaten Haushalten betriebenen Solaranlagen kann sich von derzeit rund eine Million leicht auf zehn bis 15 Millionen erhöhen“, befürchtet RWI-Forscher Manuel Frondel. Eine beträchtliche Umverteilung der Kosten für die Energiewende wäre die Folge. Denn all diese Haushalte müssten keine Umlage mehr bezahlen, die Abgabe für alle anderen Haushalte deshalb steigen. Nach RWI-Schätzung könnten auf diese Mehrkosten von bis zu 2,5 Milliarden Euro im Jahr zukommen. Deshalb plädiert Frondel für eine Abschaffung der Bagatellgrenze.

Da das Gesetzeswerk so komplex ist, hat der Bundestagsausschuss noch am Mittwoch einen zweiten Tag für die Anhörung eingeplant. Danach kann das Gesetz vom Bundestag verabschiedet werden und vermutlich wie vorgesehen am 1. August in Kraft treten.