Berlin. . Manche Firmen tun das, worüber die Regierung nur redet. Sie bauen Produkte, die sehr lange halten. Das vorherrschende Modell jedoch setzt auf den Verschleiß. Eine Möglichkeit, Anreize für die Herstellung von langlebigen Produkten zu geben, wären möglicherweise längere Gewährleistungsfristen.
Langlebigkeit bringt Geld. Das weiß Sven Nielsen aus seiner täglichen Berufserfahrung. Er arbeitet als Technischer Leiter bei der Hamburger Firma Wulf Gaertner, die Autoteile herstellt – speziell solche, die lange halten. Mit diesem Geschäftsmodell setzte der Betrieb im vergangenen Jahr fast 300 Millionen Euro um. Entgegen allem Gerede darüber, dass moderne Produkte absichtlich schlecht konstruiert würden, um die Spirale aus Kaufen, Wegwerfen, Neukaufen in Gang zu halten.
Als Beispiel für das, was Wulf Gaertner fertigt, nennt Nielsen die Koppelstangen. Das sind Teile an den Achsen, die Autos beim Kurvenfahren möglichst waagerecht halten. Diese Stücke gehen auch bei Fahrzeugen der großen deutschen Automarken schnell kaputt. „Manche Hersteller legen die Koppelstangen zu schwach aus“, sagt Nielsen. Während Originalteile vielleicht nach 30.000 Kilometern ausgetauscht werden müssen, sollen die stabileren Ersatzteile der Hamburger Firma 100.000 Kilometer oder mehr halten.
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„Hersteller achten strikt auf Kosten“
Was soll man davon halten – bauen Daimler, VW und BMW schlechte Teile ein, damit die Kunden nach fünf Jahren ein neues Auto kaufen? Nein, sagt Nielsen. Aber: „Die Hersteller achten strikt auf die Kosten. Langlebigere Teile fallen wegen der höheren Materialkosten oft teurer aus.“ Das Ergebnis: überflüssige Ausgaben für die Verbraucher, unnötiger Abfall, Rohstoff- und Energieverschwendung. Deshalb ist der Verschleiß von Produkten ein heißes Thema der Ökodebatte. Die Bundesregierung weiß das. In ihrem Abfallvermeidungsprogramm von Juli 2013 sagt sie, dass die Lebensdauer von Produkten steigen solle – ohne allerdings konkret zu werden.
Eine Möglichkeit, um die Nutzungsdauer zu erhöhen, wären längere Gewährleistungsfristen, schlägt Christian Kreiß vor. Der Ökonomieprofessor bildet Wirtschaftsingenieure an der Hochschule Aalen bei Stuttgart aus. Aktuell beträgt die Gewährleistung zwei Jahre. In dieser Zeit müssen Firmen defekte Produkte unter bestimmten Bedingungen auf eigene Kosten reparieren oder ersetzen.
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Stiege diesFrist auf fünf Jahre, setzte das die Unternehmen unter Druck, Produkte zu verkaufen, die haltbarer sind. Kreiß geht es dabei nicht um kleine Schritte, sondern um Grundsätzliches. Er kritisiert: „Unternehmen stellen viele Produkte gezielt so her, dass sie schneller verschleißen.“
Gewährleistungsfrist endet nach zwei Jahren
Beispiel Computerdrucker: Viele der Geräte enthalten einen kleinen Tank, in dem nach der automatischen Reinigung des Druckkopfes etwas Tinte aufgefangen wird. Ist dieser Behälter voll, stellt der Drucker den Betrieb ein, obwohl er eigentlich bestens funktioniert. Ein Austausch des Tanks ist nicht vorgesehen. Man muss sich ein neues Gerät kaufen.
Viele Verbraucher können ähnliche Geschichten beisteuern. Exakt nach Ablauf der zweijährigen Gewährleistungsfrist gibt das Smartphone seinen Geist auf. Glühbirnen seien nur für eine bestimmte Stundenzahl ausgelegt, erzählt man sich.
Aber heißt das, dass die Konzerne die Kunden mit Sollbruchstellen zu vorzeitigem Neukauf zwingen wollen? Eine andere denkbare Version ist, dass die Unternehmen eine Kostenabwägung treffen müssen, wie viel Entwicklungs- und Produktionsaufwand billige Verbrauchsgegenstände lohnen. Bei Druckern, die nur 50 Euro kosten, ist das eben wenig.
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Miele, Porsche und Manufactum
Und welches Geschäftsmodell dominiert? Die Firma Wulf Gaertner, die mit Langlebigkeit Geld verdient, ist kein Einzelfall. Der Haushaltsgeräte-Hersteller Miele lebt von dem Image, dass man seine Waschmaschinen vererben kann. Auch Porsches stehen in dem Ruf, quasi unkaputtbar zu sein. Mercedes-Lkw fahren auf allen Kontinenten herum, weil sie Jahrzehnte halten. Und es gibt das Manufactum-Prinzip: In den Katalogen der Handelskette findet man angeblich besonders langlebige Stiefel, Werkzeuge oder Elektrogeräte.
Wegwerf-Kritiker Kreiß stellt nicht in Abrede, dass solche Firmen Erfolg haben. Das Geschäftsmodell der Langlebigkeit sei aber in der Minderheit, sagt er. Die Mehrheit der Unternehmen setze auf schnelle Innovation, damit auch auf Kurzlebigkeit und Materialverschwendung. Teilweise ist das politisch wohl auch gewollt – denn irgendwo muss das Wirtschaftswachstum ja herkommen.