Losheim am See. Wer beim Reifenkauf Pech hat, erwischt ein Exemplar mit Höhenschlag. So ein Reifen ist nicht richtig rund. Das kann an einem Produktionsfehler oder falscher Lagerung liegen - und zur Nervenprobe für betroffene Autofahrer werden. Denn manchmal hilft auch mehrfaches Nachwuchten nichts.

Es ist wie verhext: Die Sommerreifen sind nagelneu. Doch seitdem sie am Wagen sind, tritt in bestimmten Geschwindigkeitsbereichen dieses nervige Vibrieren im Lenkrad auf. Der Grund: Eine Unwucht - eines der Räder läuft nicht rund. Das kann schon mal passieren, wenn neue Gummis auf die Felgen kommen und die Räder danach nicht akkurat ausgewuchtet werden. Doch manchmal hilft bei einem eiernden Rad auch mehrfaches Nachwuchten und Nachjustieren mit kleinen Felgengewichten nichts. «Dann hat man wahrscheinlich beim Reifen einen Höhenschlag mitgekauft», sagt Thomas Schuster von der Kfz-Prüforganisation KÜS.

Einen Höhenschlag können Autofahrer zwar auch selbst verursacht haben: Wenn sie zum Beispiel unsanft über eine Bordsteinkante gebrettert sind oder bei hohem Tempo eine Vollbremsung gemacht haben, wodurch sich ein Reifen dauerhaft verformt hat. Aber bei neuen Reifen ist das nun mal ausgeschlossen, betont Schuster. «Dann ist der Höhenschlag entweder auf einen Produktionsfehler zurückzuführen oder auf Fehler bei Transport oder Lagerung.»

Langes Einlagern kann Höhenschlag begünstigen

Hinsichtlich der Produktionsfehler ist das Risiko bei Billigreifen größer, an eiernde Exemplare zu geraten, als bei Markenpneus namhafter Hersteller. «Denn Billiganbieter haben größere Toleranzen bei Herstellung und Qualität», erklärt Schuster. Werden Reifen unsachgemäß transportiert oder eingelagert - zum Beispiel in großer Stückzahl für längere Zeit aufeinandergestapelt - spiele die Qualität hingegen keine Rolle: «Da geht jeder Reifen auf Dauer kaputt.»

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Wenn Pneus Jahre lang eingelagert sind, bevor sie in den Verkauf gehen, kann das also unter Umständen das Höhenschlag-Problem begünstigen. Wie frisch die Ware ist, lässt sich bei Reifen an der DOT-Nummer auf der Flanke ablesen. Sie zeigt Produktionswoche und -jahr an: «1513» bedeutet beispielsweise, dass der Reifen in der 15. Woche des Jahres 2013 produziert wurde. Bei Exemplaren, die schon mehrere Jahre alt sind, sollten Reifenkäufer eher skeptisch sein.

Wenn das Lenkrad vibriert

Wer das Pech hat und einen neuen Autoreifen mit Höhenschlag erwischt, merkt das in aller Regel an einem Vibrieren im Lenkrad. «Das tritt meist nur bei bestimmten Fahrgeschwindigkeiten auf, beispielsweise zwischen 110 und 130 km/h», berichtet Schuster. Wer mit dem Problem zurück in die Werkstatt fährt, sollte sich dort auf keinen Fall damit abspeisen lassen, dass Vibrationen manchmal ganz normal sind oder typisch bei bestimmten Automodellen. «Das ist Quatsch», betont der Kfz-Experte. «Bestehen Sie notfalls auf einer Probefahrt zusammen mit dem Meister, damit dieser sich selbst in Bild von dem Mangel machen kann.»

Wenn nach der Reifenmontage Probleme auftreten, wird eine gute Werkstatt gleich einen neuen Versuch starten, die Räder auszuwuchten. Für den Kunden kostenlos, versteht sich. Das Problem: «Ein leichter Höhenschlag fällt manchmal gar nicht auf, wenn das Rad auf der Wuchtmaschine rotiert, sondern nur dann, wenn es am Wagen montiert ist», sagt Schuster. So kann es passieren, dass das Problem immer noch nicht aus der Welt ist, und der Kunde das erst beim Weiterfahren bemerkt.

Auch Felgen sind nicht immer rund

Hartnäckig bleiben, heißt es dann - zurück in die Werkstatt. Manchmal hilft es auch, wenn ein nicht allzu stark verformter Reifen auf der Felge gedreht und das Rad erneut ausgewuchtet wird, denn auch Felgen sind nicht immer absolut rund - so lassen sich Unregelmäßigkeiten mit etwas Glück ausgleichen. Auch das werden gute Kfz-Mechaniker normalerweise versuchen, um den Mangel zu beseitigen. Und sie werden nach anderen denkbaren Ursachen für die Vibrationen schauen, etwa nach Schäden an der Radaufhängung, insbesondere an den Spurstangenköpfen und den Traggelenken an den Achsen. Gibt es dort keine Probleme und sind auch die Felgen unbeschädigt, ist der Fall ziemlich eindeutig: Mindestens ein Reifen hat tatsächlich einen Höhenschlag und ist defekt.

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Der Kunde hat dann im Rahmen der Gewährleistung Anspruch darauf, dass die Sache kostenlos in Ordnung gebracht wird. «Allerdings können Betroffene nicht gleich neue Reifen verlangen: Sie müssen dem Händler mindestens zwei Nachbesserungsversuche gewähren, bevor sie Anspruch auf Ersatz haben», erklärt Miriam Rusch von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Damit er sich zügig darum kümmert, empfiehlt sie, Fristen zu setzen.

Lager können ausleiern

Wie KÜS-Prüfingenieur Schuster berichtet, tut sich der ein oder andere Reifenhändler schwer mit dem Umtausch fabrikneuer Reifen. «Denn in diesem Fall geht der beschädigte Reifen zurück zum Hersteller und wird dort geprüft. Kommt heraus, dass es sich bei dem Mangel nicht um einen Produktionsfehler handelt, sondern um die Folge unsachgemäßer Lagerung, bleibt der Händler auf den Kosten sitzen», so Schuster.

Auch wenn es für betroffene Autofahrer mitunter ziemlich lästig und mit mehreren Werkstattbesuchen verbunden sein kann, bis an neuen Reifen ein Höhenschlag festgestellt und das Problem beseitigt wird, sollten sie die Symptome auf keinen Fall ignorieren. Denn bei höherem Tempo können Vibrationen die Fahrstabilität beeinträchtigen, warnt der TÜV Nord. Und die Lager am Fahrwerk des Autos leiden auch, wenn ein Höhenschlag verschleppt wird: Sie leiern dadurch aus. (dpa)