Essen. Die Hersteller elektrischer Geräte bauen absichtlich Schwachstellen in Geräte ein, damit diese nach kurzer Zeit den Geist aufgeben. Zu dieser Erkenntnis kommt eine Studie der Grünen, die am heutigen Mittwoch in Berlin vorgestellt werden soll. Bislang gibt es aber keinen Beweis für den geplanten Verschleiß.
Hersteller von elektronischen Geräten wie Drucker, Kopfhörer, Waschmaschinen oder Elektrozahnbürsten sorgen offenbar immer häufiger für Schwachstellen in ihren Geräten, damit diese schneller verschleißen oder kaputt gehen. Zu diesem Ergebnis kommt eine im Auftrag der Grünen erstellte Studie.
In dem Gutachten seien zahlreiche Produkte aufgeführt, bei denen die Industrie täuscht oder trickst, berichtet die „Saarbrücker Zeitung“. Laut Studie bauten die Hersteller in Druckern Zähler ein, die nach einer bestimmten Anzahl von gedruckten Seiten das Gerät lahmlegen. Nach Zurückstellen des Zählers funktioniere der Drucker aber wieder einwandfrei.
Elektrozahnbürsten enthielten oftmals Akkus, die nicht ausgewechselt werden können und deren Ladefunktion rasch erschöpft ist, so die Zeitung weiter. Weitere Beispiele: Laptops, die sich nur schwer reparieren lassen, weil ihre Bauteile nicht miteinander verschraubt, sondern verklebt sind. Oder aber Handy-Akkus, die nicht ohne Weiteres problemlos getauscht werden können, weil sie fest verbaut sind.
Schwierige Reklamation von Produkten
Co-Autor der Grünen-Studie ist der Diplom-Betriebswirt Stefan Schridde. Schridde betreibt die Internetseite murks-nein-danke.de, auf der Verbraucher Geräte melden können, von denen sie glauben, dass sie einen eingebauten Defekt haben – oder zumindest schnell verschleißen. Bislang konnte Schridde allerdings nur Einzelfälle zusammentragen. 2000 sollen es mittlerweile sein. Auch Schridde bleibt den Beweis für den Defekt mit System (bislang) schuldig.
Trotzdem will der selbstständige Berater nicht klein beigeben: „Ist es purer Zufall, dass die Hersteller auf Elektronikplatinen wärmeempfindliche Bauteile neben Wärmequellen verbauen“, fragt Schridde unlängst im Gespräch mit der WAZ Mediengruppe.
Für Schridde sind Konstruktionsfehler ein Hinweis auf eine Strategie der Firmen, Produkte auf den Markt zu bringen, die nicht lange halten. „So wollen sie den Umsatz ankurbeln. Dabei geht das doch auch anders“, so Schridde. Gebe es mehr Geräte mit langer Lebensdauer, könnten Konsumenten das Geld in andere Produkte stecken.
Wenn er die geplante Obsoleszenz, so der Fachausdruck für den eingebauten Verschleiß, schon nicht beweisen könne, so wolle er doch für mehr Kundenfreundlichkeit bei den Herstellern trommeln. Käufern werde es extrem lästig gemacht, Produkte zu reklamieren. „Damit man sich etwas Neues kauft, anstatt Altes zu reparieren.“
Grüne wollen Garantierecht überarbeiten
Hier sehen auch die Grünen Handlungsbedarf. Sie fordern eine zügige Überarbeitung des Gewährleistungs- und Garantierechts und wollen sogenannte Reparaturnetzwerke ins Gespräch bringen. Die Grünen-Politikerin Dorothea Steiner nannte die Strategie der Hersteller, auf immer kürzere Produktzyklen zu setzen, eine „Schweinerei“. Frühzeitiger Verschleiß verursache „auch immense Müllberge“.
Einen Beweis für eingebauten Verschleiß konnte bislang niemand führen, auch die Stiftung Warentest nicht. „In all unseren Tests haben wir keinen Hinweis darauf finden können“, sagte Jürgen Nadler, wissenschaftlicher Leiter des Teams Multimedia der Stiftung, der WAZ Mediengruppe bereits im Januar dieses Jahres. Nadler möchte die Hersteller aber nicht in Schutz nehmen. Fest verbaute Akkus in Handys, elektrischen Zahnbürsten oder Navigationsgeräten seien sehr wohl ein Ärgernis.
Verbraucherzentrale sucht Beweis
Auch die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen würde gerne den Beweis für die geplante Obsoleszenz führen. „Es gibt Dinge, die sind merkwürdig. Es gibt Dinge, die stinken zum Himmel. Aber die Beweisführung ist schwierig“, sagt Klaus Müller, Chef der Verbraucherzentrale.
Müller würde nur zu gern eine Verbandsklage durchfechten, wenn er einen Beweis dafür finden würde, dass ein Hersteller ein Gerät absichtlich so konstruiert hat, dass es kurz nach Ablauf der Garantie den Geist aufgibt. Doch dafür bräuchte Müller nicht einen, nicht zwei, am besten gleich 20 Fälle, wo ein Produkt unter ähnlichen Bedingungen innerhalb eines bestimmten Zeitraums streikt. Auch der Verbraucherschützer wartet darauf bislang vergeblich. (mit AFP)