Essen. . Geschäfte sind derzeit voll mit neuen Fernsehern. In Kürze beginnt die Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien. Auch Versicherungen haben derzeit offenbar gut zu tun: Weil die Zahl der Schadensmeldungen bei Alt-Fernsehern deutlich steigt.
Wenn am 12. Juni das Eröffnungsspiel der Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien beginnt, werden Millionen in Deutschland das Spiel im Fernsehen verfolgen. Nicht wenige werden die Begegnung - Brasilien gegen Kroatien - auf einem neuen TV-Gerät verfolgen. Kurz vor der Fußball-WM sind die Geschäfte voll mit Flachbildschirmen. Auch Versicherer haben zurzeit offenbar alle Hände voll zu tun: Sie müssen sich mit Schadensmeldungen über defekte Alt-Fernseher beschäftigen. Öfter als sonst im Jahr.
"Vor Welt- und Europameisterschaften schnellt die Quote von Schadensmeldungen bei Fernsehern immer in die Höhe", sagt Ralph Schweda, Chef eines Sachverständigenbüros bei Bonn. Für 40 Versicherungen bundesweit begutachtet Schweda Schäden etwa bei Elektrogeräten, hinter denen ein Versicherungsbetrug vermutet wird. Zudem wirkt Schweda für den TV-Sender RTL in der Doku-Reihe "Die Versicherungsdetektive" mit.
Betrugsquote auf 60 bis 70 Prozent geschätzt
Schwedas Einschätzung: "Seit diesem Januar hat sich bei uns die Zahl der Schadensmeldungen bei Fernsehern verdoppelt" - im Vergleichen zum gleichen Zeitraum im vergangenen Jahr. In den ersten fünf Monaten 2013 hatte Schwedas Team etwa 120 defekte Fernseher zu begutachten. "Seit Januar in diesem Jahr sind es schon 300".
Gleichzeitig hofft der Elektronik-Einzelhandel auf gute Verkäufe bei Fernsehern. Laut Einzelhandelsverband ist die Fußball-WM "ein willkommener Kaufanlass". Im vergangenen Jahr haben die Haushalte in Deutschland durchschnittlich 1439 Euro für Technik ausgegeben. Das waren knapp 5 Prozent mehr als im Jahr zuvor.
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Melden Versicherungsnehmer defekte TV-Geräte, "wird in 60 bis 70 Prozent ein versuchter Betrug vermutet", sagt Schweda. Laut Versicherungswirtschaft hält jeder fünfte Deutsche Versicherungsbetrug für ein Kavaliersdelikt. Zudem glauben je nach Altersgruppe zwischen 53 und 79 Prozent der Befragten einer repräsentativen Studie, dass eine Versicherung "relativ einfach zu betrügen" sei. Laut Versicherungsverband GDV wird geschätzt, dass den Versicherern jährlich vier Milliarden Euro Schäden durch Versicherungsbetrug entstehen.
Lügengeschichten um den kaputten Fernseher
"Meist wird im Bereich der Haftpflicht eine Story gebaut", sagt Ralph Schweda. Demnach ist dann zum Beispiel bei einer Party ein Gast gegen den Fernseher gelaufen. Oder jemand gibt an, ein Gewitter hätte das Netzteil geschrottet. Auch Rechnungen werden gefälscht, erklärt Schweda.
"Manche werkeln mit einem Gasbrenner an ihrem Gerät herum, um der Versicherung dann einen Brandschaden zu melden", berichtet Horst-Michael Wirth, öffentlich vereidigter Gutachter für Fernsehgeräte bei der IHK in Koblenz. Mehrere Hundert solcher Fälle habe er jährlich zu prüfen. In vielen Fällen "fordern wir die Geräte dann von den Versicherungsnehmern an". Ein Drittel der Angeschriebenen antworte dann nicht mehr - für Wirth ein Indiz dafür, "dass es sich um einen Betrugsversuch gehandelt haben dürfte".
Wird ein Betrug nachgewiesen, sind die Versicherer nicht zum Spaßen aufgelegt: Die Zahlung wird verweigert, "außerdem trennen wir uns von einem unredlichen Kunden und kündigen den Versicherungsvertrag", heißt es auf der Webseite des GDV. "Der Versicherungsnehmer muss außerdem damit rechnen, dass wir Regress für unsere Aufwendungen bei ihm nehmen und die Kosten, die wir etwa für Sachverständigengutachten aufwenden mussten, von ihm zurückfordern werden. Und natürlich stellen wir Strafanzeige, wenn wir den Betrug eindeutig nachweisen können."
Bei Haftpflichtschaden wird nur der Zeitwert erstattet
Zurück zu den Fernsehern: Das Gros der Fälle wird den Versicherungen vier bis sechs Wochen vor WM-Beginn gemeldet, sagt der Sachverständige Wirth. Ab welcher Schadenssumme die Versicherungen einen Gutachter hinzuziehen, sei nicht fest definiert. Wirth: "Es gibt Versicherungen, die bereits ab 300 Euro Schaden einen Gutachter hinzuziehen".
Manche Versicherungsnehmer würden sich bei einer Schadensmeldung allerdings kräftig verrechnen, erklärt Ralph Schweda: "Im Bereich der Haftpflicht zahlen die Versicherungen nur den Zeitwert eines Gerätes". Dazu Horst-Michael Wirth: Die "Grenznutzungsdauer" bei Fernsehern sei nach vier bis sieben Jahren erreicht: "Dann hat ein Gerät für die Versicherer nur noch einen 'Rumpfwert'" - das sind etwa zehn Prozent vom Anschaffungspreis eines vergleichbaren Neu-Fernsehers.
Mit dem Ende der Fußball-WM dürfte die Arbeit für die Gutachter in diesem Jahr allerdings nicht abebben, glaubt Ralph Schweda. Für den August ist das neue iPhone 6 angekündigt: "Wir schließen bei uns schon Wetten ab, wieviele Schadensfälle zum iPhone 5 wir dann bekommen". Schweda glaubt: "Es dürften viele werden".