Köln. Quelle-Erbin fordert Milliarden von Sal. Oppenheim. Das Bankhaus gewährte ihr Kredite, die sie bis zur Pleite 2009 in den Essener Arcandor-Konzern pumpte.

„Geboren am 20. Oktober 1943“, von „Beruf Hausfrau“ – so beginnt die mit Spannung erwartete Aussage der Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz vor dem Landgericht Köln. Sie sagt im Untreue-Prozess um den Niedergang des Bankhauses Sal. Oppenheim aus, der eng verknüpft ist mit der Pleite des Essener Arcandor-Konzerns 2009, durch den die einst zu den reichsten Deutschen gehörende Frau große Teile ihres Erbes verlor. Sie hatte Quelle geerbt, 1999 wurde das traditionsreiche Versandhaus mit Karstadt fusioniert.

Schickedanz habe dabei fast blind ihren Beratern vertraut, sagt sie vor Gericht. Zu den Beratern zählte der Immobilienunternehmer Josef Esch, der nur wenige Meter neben dem Zeugenstand ebenso wie Mitglieder der einstigen Sal.-Oppenheim-Führung auf der Anklagebank sitzt.

Klage auf 1,9 Milliarden Euro

„Das kann ich nicht beschwören“, „den genauen Zeitpunkt weiß ich nicht“, „das sollten sie besser meinen Mann fragen“ und immer wieder: „Da hab’ ich mich ganz auf ihn verlassen“, beteuert sie – und meint damit Esch und die Bank. Sie hat den Berater und die ehemalige Hausbank ebenfalls in Köln in einem Zivilverfahren auf 1,9 Milliarden Euro Schadenersatz verklagt. Schickedanz wirft ihnen Falschberatung vor. Die Quelle-Erbin hatte sich in großem Stil an Karstadt-Quelle und dem daraus hervorgegangenen Arcandor-Konzern beteiligt – und die Investitionen teils durch Kredite finanziert.

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„Der erste Kredit, den ich bei Sal. Oppenheim aufgenommen habe, war 2001“, sagt die dunkel gekleidete Quelle-Erbin mit zittriger Stimme. Im ersten Halbjahr 2002 trat dann Esch in ihr Leben. Er besuchte sie in St. Moritz. Esch habe gesagt, man müsse Vertrauen aufbauen. Esch sei dann immer öfter vorbeigekommen. Im Laufe der Zeit habe sie immer mehr Dokumente unterzeichnet. „Ich weiß es nicht mehr, was ich alles unterschrieben habe“, resümiert Schickedanz. Sie habe sich vielmehr um ihre schwer kranke Tochter kümmern müssen und habe Esch und dem Bankhaus vertraut. Ihr finanzielles Engagement bei Arcandor stieg immer weiter. An einzelne Kredite könne sie sich aber „weiß Gott“ nicht mehr erinnern.

„Kein eigenes Kopfkissen mehr“

Im September 2008 spitzte sich die Lage dann dramatisch zu. Sie habe bei Arcandor nie in die Haftung gewollt und ihr Vermögen schützen wollen. „Du hast schon lange kein eigenes Kopfkissen mehr“, sei ihr dann aber angesichts der kritischen Situation bei der Karstadt-Mutter gesagt worden. Sie habe aber weiter Dokumente unterschrieben – ohne zu wissen, „welche Konsequenzen das für mich hat“. „Solange du den Josef hast, kann dir nichts passieren“, habe Esch sie beruhigt. Einen Schritt ging sie aber nicht: „Esch wollte immer eine Generalvollmacht, aber ich habe ihm nie eine gegeben.“

Die Anklage beanstandet in dem Prozess Immobiliengeschäfte in Köln und Frankfurt – allein bei Geschäften um eine Villa in Köln sei Sal. Oppenheim ein Schaden von 8,6 Millionen Euro entstanden. Auch Geschäfte der Bank rund um die Pleite der Karstadt-Mutter Arcandor sind Teil der Anklage. Esch und andere Angeklagte haben alle Vorwürfe zurückgewiesen.