Essen. . Der frühere Chef des Karstadt-Mutterkonzerns Arcandor Thomas Middelhoff soll nach einem Urteil des Essener Landgerichts dem Insolvenzverwalter des Pleitekonzerns rund 3,4 Millionen Euro zahlen. Middelhoffs Anwälte haben angekündigt, gegen das Urteil in Berufung zu gehen.
Thomas Middelhoff liebte lange Strecken mit Charterjets, Yacht und Villa an der Côte d’Azur. Und er verfolgte gern hochtrabende Ziele. Als er noch den Bertelsmann-Konzern lenkte, bezeichnete sich der gebürtige Düsseldorfer selbst als „Amerikaner mit deutschem Pass“. Insbesondere in den USA wollte Middelhoff dem Medienkonzern zu neuer Größe verhelfen. Doch dem Bertelsmann-Patriarchen Reinhard Mohn gingen die Visionen seines Managers irgendwann zu weit und er zog die Notbremse. Middelhoff musste Bertelsmann verlassen.
Arbeitslos blieb er nicht lange. 2004 holte ihn die Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz als Aufsichtsratschef in die Essener Karstadt-Quelle AG. Weil die Geschäfte nicht gut liefen, tauschte er ein Jahr später sein Mandat als Aufseher mit dem Sessel des Vorstandsvorsitzenden. Doch auch auf der operativen Brücke von Arcandor, wie der Handels- und Reisekonzern sich inzwischen nannte, hielt sich Middelhoff nicht lange. Zum 1. März 2009 verließ er das Unternehmen. Am 9. Juni, also nur wenige Monate später, musste Arcandor Insolvenz anmelden.
Schickedanz holte ihn nach Essen
„Big T“, wie Middelhoff in Essen genannt wurde, hatte den Niedergang des Traditionskonzerns nicht aufhalten können. Stattdessen litt er offenbar unter seinem spärlichen Gehalt. Er habe selten so wenig verdient wie an der Ruhr, klagte er bei seinem Amtsantritt.
Der Aufsichtsrat half ihm. Wie das komplizierte Modell mit Boni und Erfolgsbeteiligung bei wirtschaftlichem Misserfolg ausgesehen haben soll, beschreibt der ehemalige Karstadt-Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg in seiner 107-seitigen Klageschrift, die er im Sommer 2011 beim Landgericht Essen einreichte. Danach sollen Middelhoff und seine Vorstandskollegen über Jahre überzogene Bonus- und Abfindungszahlungen erhalten haben. Der Insolvenzverwalter forderte deshalb 24 Millionen Euro von den ehemaligen Karstadt-Lenkern zurück – von Middelhoff allein 15,9 Millionen Euro.
Die Richter folgten den Forderungen Görgs am Montag im Zivilverfahren nicht in vollem Umfang. Sie verurteilten ihn zu einer Strafzahlung in Höhe von 3,4 Millionen Euro. 2,3 Millionen Euro entfallen auf Sonderboni. Nach Auffassung der Richter hat aber auch ein von Middelhoff initiierter Sponsoring-Vertrag mit der Universität Oxford, dem der Vorstand nicht ordnungsgemäß zugestimmt habe, dem Unternehmen Schaden zugeführt. Darüber hinaus soll Middelhoff nach dem Willen des Gerichts für drei von Arcandor bezahlte Flüge 127.000 Euro zurückerstatten, da sie privat veranlasst gewesen seien. Middelhoffs Anwälte kündigten Berufung gegen das Urteil an. Sie zeigten sich entschlossen, notfalls vor den Bundesgerichtshof zu ziehen.
Parallele zum Mannesmann-Prozess
Der Insolvenzverwalter zeichnet mit seinen Vorwürfen das Bild eines gierigen Managers, der teure Charterflüge liebte, auch wenn die Strecke nur 80 Kilometer lang war. Allein mit der Fluggesellschaft Challenge Air sollen Middelhoff-Flüge im Wert von 4,7 Millionen Euro abgerechnet worden sein.
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Görg kritisiert aber auch die Boni, die Middelhoff kassierte, obwohl Arcandor rote Zahlen schrieb. Die Richter urteilten am Montag, dass Middelhoff Sonderboni in Höhe von 2,3 Millionen Euro zu Unrecht erhielt, weil zum Zeitpunkt der Auszahlung bereits festgestanden habe, dass er den Konzern verlässt.
Die Essener Richter bezogen sich dabei auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom Dezember 2005 zum Mannesmann-Prozess. Das BGH kam damals zu dem Schluss, dass der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft nachträglich nur eine Sonderzahlung zukommen lassen darf, die einen zukunftsbezogenen Nutzen hat. Bei Mannesmann und bei Arcandor flossen aber Boni, obwohl bereits feststand, dass die Manager das Unternehmen verlassen werden.