Frankfurt/Main. Die Inflation im Euroraum ist seit Monaten gefährlich niedrig, die Konjunktur erholt sich nur langsam. Doch Europas Währungshüter halten ihr Pulver vorerst trocken: Zentralbankgeld wird nicht noch billiger. Analyst Bobb: “Mario Draghi spielt ein gefährliches Spiel.“
Europas Währungshüter trauen dem Euroraum nach Jahren der Schwäche einen stetigen Aufschwung zu - und dämpfen mit ihren neuesten Prognosen zugleich erneut Sorgen vor einer Deflation. Mit einer Deflation bezeichnen Ökonomen einen gefährlichen Kreislauf aus dauerhaft sinkenden Preise und schrumpfender Wirtschaft.
"Die moderate Erholung schreitet voran", sagte der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, am Donnerstag in Frankfurt. Das dürfte zugleich den Preisauftrieb stärken - auch wenn die Inflationsraten im Euroraum nach Einschätzung der EZB bis Ende 2016 unter dem Stabilitätsziel der Notenbank von knapp unter 2,0 Prozent verharren dürften.
Dass die Jahresteuerung im Euroraum im Februar 2014 wie in den beiden Vormonaten bei 0,8 Prozent lag, hatte den Ruf nach noch billigerem Zentralbankgeld lauter werden lassen. Doch die EZB sieht nach wie vor keinen anhaltenden Preisverfall auf breiter Front, der die Konjunktur abwürgen könnte. Zudem hätten die Konjunkturdaten seit der Februar-Sitzung des EZB-Rates unter dem Strich positiv überrascht, erklärte Draghi.
Zinsniveau soll gleich bleiben
Daher sahen die Währungshüter auch keine Veranlassung zu einer weiteren Zinssenkung: Der Leitzins, zu dem sich Geschäftsbanken bei der EZB frisches Geld besorgen können, bleibt auf dem Rekordtief von 0,25 Prozent.
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Draghi bekräftigte die Einschätzung des EZB-Rates, dass die Zinsen auf absehbare Zeit extrem niedrig - auf dem aktuellen Niveau oder darunter - bleiben werden. Niedrige Zinsen verbilligen tendenziell Kredite und Investitionen und kurbeln so die Wirtschaft an. Das sorgt wiederum für Preisauftrieb.
Gegen eine weitere Zinssenkung spricht, dass die Konjunktur im Euroraum wieder anzieht. Nach den neuesten Prognosen erwarten die Währungshüter, dass die Wirtschaft im Währungsgebiet im laufenden Jahr um 1,2 Prozent wachsen wird. Im Dezember war die Notenbank noch von einem leicht schwächeren Wachstum von 1,1 Prozent ausgegangen. Für 2015 sagt die EZB unverändert ein Wachstum von 1,5 Prozent vorher. Danach wird sich die Konjunktur nach Einschätzung der EZB stärker beleben: Für 2016 erwartet die Notenbank ein Wirtschaftswachstum von 1,8 Prozent.
Den Inflationsausblick für das laufenden Jahr senkte die EZB erneut: von 1,1 auf 1,0 Prozent. Auch danach werde sich der Preisauftrieb kaum beschleunigen, sagte Draghi. Demnach steigen die Verbraucherpreise 2015 um 1,3 Prozent. In ihrer ersten Prognose für 2016 geht die Notenbank von einer leicht höheren jährlichen Teuerung im Euroraum von 1,5 Prozent aus. Draghi erneuerte die Zusage, sich notfalls entschieden gegen einen Preisverfall zu stemmen.
EZB-Geldflut kommt in Südeuropa nicht an
In Deutschland, dessen Wirtschaft vergleichsweise gut dasteht und daher auch höhere Leitzinsen vertragen könnte, kam die EZB-Zinsenscheidung gut an. Die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB), Liane Buchholz, erklärte in einer Mitteilung: "Angesichts des verbesserten Konjunkturausblicks für den Euroraum und der unveränderten Inflationsrate im Februar ist die Entscheidung der EZB, nicht erneut an der Zinsschraube zu drehen, richtig. Bereits heute ist die Belastung für Sparer und Kreditinstitute hoch."
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KfW-Chefvolkswirt Jörg Zeuner kommentierte: "Eine weitere Leitzinssenkung wäre ökonomisch vertretbar gewesen, hätte aber kaum Wirkung auf das Geldmengenwachstum und die Kreditvergabe gehabt." Ähnlich sieht es auch Thomas Meißner, Leiter Zinsresearch bei der DZ Bank: "Die Auswirkungen einer erneuten Zinssenkung auf die Realwirtschaft wären ohnedies wahrscheinlich nicht wirklich zu spüren gewesen."
In der Tat flutete die EZB die Märkte seit Jahren mit extrem billigem Geld - doch dieses kommt bei vielen Unternehmen in den südlichen Krisenländern nicht an. Schon nach der jüngsten Zinssenkung im November 2013 hatte Analyst Jan Bopp vom Bankhaus Metzler beklagt, statt das Geld weiterzureichen legten Banken es in Staatsanleihen an und holten sich damit Risiken in ihre Bilanzen: "Mario Draghi spielt ein gefährliches Spiel." (dpa)