Berlin. . Wirtschaftsbeziehungen zwischen den beiden Ländern sind traditionell eng, Russland ist Deutschlands zehntgrößter Handelspartner und vor allem ein wichtiger Energielieferant. Deshalb ist die Wirtschaft besorgt, wenn es um mögliche Sanktionen geht.
Zur großen Freude des russischen Zaren ließ Carl von Siemens die Prachtstraße Newski Prospekt und den Winterpalast in St. Petersburg in elektrischem Licht erstrahlen. Im 19. Jahrhundert lieferten die Gebrüder Siemens auch die ersten Telegrafenleitungen, damit das russische Oberkommando mit seinen weit entfernten Truppen kommunizieren konnte. Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Russland sind traditionell eng. Und deutsche Unternehmen genießen im Osten einen guten Ruf. Dies muss bedenken, wer anlässlich des Ukraine-Konflikts Sanktionen gegen Russland ins Spiel bringt.
US-Außenminister John Kerry ist da weniger zimperlich als viele Stimmen in Europa und besonders Deutschland. So warnt der Ostausschuss der deutschen Wirtschaft, in dem sich Hunderte Unternehmen zusammengeschlossen haben: „Russland gehört dazu. Gerade die Lage in der Ukraine zeigt, dass es nur gemeinsam geht.“
6000 deutsche Firmen sind in Russland aktiv
Im Jahr 2012 war die Russische Föderation der zehntgrößte Handelspartner Deutschlands. Der wirtschaftliche Austausch erreichte gut 80 Milliarden Euro. Zum Vergleich: An der Spitze standen Frankreich mit 167 Milliarden, gefolgt von den Niederlanden (156 Milliarden), China (145) und den USA (138). Nach Angaben des Ostausschusses sind rund 6000 deutsche Firmen in Russland aktiv. Etwa 300.000 Arbeitsplätze in Deutschland würden vom Geschäft mit dem flächenmäßig größten Land der Erde abhängen, sagt die Wirtschaftsvertretung.
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Die deutschen Exporte nach Russland waren 2012 rund 38 Milliarden Euro wert. Schwerpunktmäßig verkauften hiesige Unternehmen beispielsweise Maschinen und Fahrzeuge. Opel ist gut im Geschäft. VW betreibt ein Produktionswerk in Kaluga, 190 Kilometer südwestlich von Moskau.
Wen würde ein Rohstoff-Embargo mehr treffen?
Die russischen Exporte nach Deutschland (2012: 42 Milliarden Euro) umfassten überwiegend Rohstoffe, darunter vor allem Öl und Gas. Insgesamt bestehen 80 Prozent der russischen Ausfuhren aus Rohstoffen. Sie tragen etwa die Hälfte zur Finanzierung des Staatshaushaltes der Föderation bei. Eine Einschränkung des Handels würde die russische Regierung deshalb empfindlich treffen. Die Frage aber ist: Können Deutschland und Europa dieses Druckmittel nutzen, oder sind sie zu abhängig?
Zwar stammen ein Drittel der deutschen Erdöl-Importe und 35 bis 40 Prozent der Erdgas-Einfuhren aus Russland. Doch Energie-Expertin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) sagt: „Deutschland könnte einen guten Teil seiner Gasimporte aus Russland kurzfristig ersetzen. Beispielsweise können Norwegen, Katar oder auch die Niederlande einspringen. Ohnehin ist die Nachfrage aufgrund des milden Winters gering. Auf dem Weltmarkt herrscht zurzeit ein Angebots-Überschuss.“
Expertin empfiehlt, die Gas-Reserven zu vergrößern
Auf lange Sicht rät Kemfert allerdings dazu, eine 90-Tage-Reserve auch für Erdgas aufzubauen, wie es sie bislang nur für Öl gibt. Außerdem plädiert sie dafür, die „Gasimporte zu diversifizieren, um die Abhängigkeit von Russland zu verringern“. Trotz allem hätte eine Sanktionspolitik mit Gas vermutlich spürbare Folgen für die Haushalte und Unternehmen in Deutschland: Die Preise würden steigen.