Essen. . Erstmals seit gut 60 Jahren hat der Essener Energiekonzern RWE einen Milliardenverlust gemacht. Dies gab das Unternehmen am Dienstagmorgen bekannt. Das Geschäft mit Kraftwerken würde sich mit Blick auf die Energiewende so gut wie nicht mehr lohnen.

Wenn sich die Jecken an Rhein und Ruhr dem Frohsinn hingeben, hält in der Chefetage des Essener RWE-Turms Aschermittwoch-Stimmung Einzug. An diesem Dienstag - es ist Veilchendienstag - gibt RWE die Geschäftszahlen für 2013 bekannt, und damit beginnt eine Fastenzeit, die gewiss länger als die üblichen 40 Tage dauert.

Der Konzern steckt tief in der Krise. Das Geschäft mit der Energieerzeugung ist schwer unter Druck geraten. Drastisch eingebrochene Großhandelspreise für Strom machen ein Kraftwerk nach dem anderen unwirtschaftlich. Für 2013 hat der Konzern im Januar bereits eine nochmalige Korrektur der Vermögenswerte nach unten angekündigt: 3,3 Milliarden Euro schwer ist der Abschreibungsbedarf, davon gehen 2,7 Milliarden auf Rechnung der Kraftwerke, betroffen sind vor allem die der niederländischen Tochter Essent. Da RWE bereits 2013 Wertberichtigungen von 1,4 Milliarden Euro vorgenommen hatte, lasten 4,8 Milliarden Euro auf dem Zahlenwerk.

Es droht ein Verlust

Erstmals in der Geschichte muss RWE einen Netto-Verlust verkraften - 2,8 Milliarden Euro, teilte das Unternehmen am Dienstagmorgen mit. Ein Sparprogramm jagt das nächste. Sogar ein Lohnstopp für die Leitenden Angestellten ist verkündet. In der vergangenen Woche zog der Konzernvorstand nach.

Der Aufsichtsrat sei dem Vorschlag der Vorstände gefolgt, „insgesamt verzichten die vier Vorstände für das Jahr 2014 auf 500.000 Euro“. Für 2012 weist der Geschäftsbericht für die damals sieben Vorstände kurzfristige Vergütungen von 15 Millionen Euro aus.

RWE läuft gegen die Zeit

Es ist die Zeit der Symbole. Symbole aber retten das Zahlenwerk nicht, auch nicht in den Jahren 2014 und 2015. Die Betriebsergebnisse geraten unter Druck. Zwar heißt es, der neue Finanzchef habe wohl alles an nötigen Abschreibungen in die Bilanz 2013 gepackt. Aber der Energie-Gigant läuft gegen die Zeit. Eine wesentliche Frage für RWE ist, ob der Großhandelspreis im freien Fall bleibt oder ob er sich stabilisiert, wie es RWE-Chef Peter Terium erwartet.

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Als RWE seine milliardenschweren Investitionen in Gas- und Steinkohlekraftwerke plante, rechnete man noch mit einem Preis von 60 Euro je Megawattstunde. Nun liegt er bei 36 Euro. Jeder Euro Preisverfall kostet RWE 200 Millionen Euro Umsatz. „Unser traditionelles Geschäftsmodell bricht uns unter den Füßen weg“, sagte Terium im November bei Verkündung eines neuerlichen Sparprogramms, dem zwischen 2014 und 2016 rund 6750 Stellen zum Opfer fallen sollen. „Das Unternehmen geht durch ein Tal der Tränen.“ Und die Anteilseigner gehen mit. Die Dividende wird auf einen Euro je Aktie halbiert. In Konzernkreisen wird schon eine weitere Absenkung für 2014 auf 70 Cent erwartet, was insbesondere die Revier-Kommunen hart treffen würde.

Geschäftsmodell zerbröselt

Vieles hängt davon ab, ob RWE im Geschäft mit den Netzen und im Vertrieb Boden gutmachen kann. Noch mehr hängt davon ab, ob die geplanten Verkäufe der Hamburger Öl-Tochter DEA und des Anteils am Atom-Unternehmen Urenco die erhofften Preise einbringen. RWE muss dringend den Schuldenberg von 31 Milliarden Euro abbauen. Ansonsten droht zu allem Überfluss womöglich auch noch eine Herabstufung durch Rating-Agenturen, was die Kredite verteuern könnte.

Es herrscht Krisen-Stimmung. Spar- und Umbau-Programme, Berater, die sich die Klinke in die Hand geben und ein Geschäftsmodell, das zerbröselt. Es geht derzeit nicht viel zusammen und wenig voran. Die geplante Auslagerung von bis zu 100 Dienstleistungsstellen ins polnische Krakau etwa. Dort seien inzwischen vier Mitarbeiter angekommen, heißt es.