Berlin. . Dem Staatsunternehmen droht viel Ärger aus Brüssel – vor allem wegen seines Strompreis-Privilegs. Deshalb wollte Bahn-Chef Grube den Politprofi Ronald Pofalla holen. Doch so bald wird der kein Bahn-Vorstand.

So bald wird Ronald Pofalla kein Bahn-Vorstand. Am 26. März tagt der Aufsichtsrat. „Es stehen keine Personalentscheidungen an. Es wird um das Konzept für die Neuausrichtung gehen“, sagte nun Bahnchef Rüdiger Grube. Der Ärger, den der geplante Wechsel des Niederrheiners vom Kanzleramt in den Bahnvorstand ausgelöst hat, war so groß, dass die Benennung erst einmal auf eine längere Bank geschoben wurde.

Auf rasche Klärung der politischen Probleme kann Grube dagegen nicht verzichten. „Das politische Umfeld in Berlin, in den Bundesländern und noch stärker in Brüssel ist für den nachhaltigen Unternehmenserfolg der DB ganz entscheidend“, glaubt der Vorstandschef. Damit machte er zugleich deutlich, warum er einen wie Pofalla sucht. Die Bahn hat mit ihren 250.000 Jobs derzeit große politische Baustellen, viele davon liegen in Brüssel. Sie braucht einen Türöffner, der dort die Interessen des Staatsunternehmens vertritt.

Fahrpreise könnten steigen

Die Deutsche Bahn AG kämpft gegen die von der EU gewollte Trennung von Netz und Betrieb und damit um ihre Alltagstauglichkeit. Auch will sie verhindern, dass sie noch stärker für die Unterstützung der erneuerbaren Energien zur Kasse gebeten wird. Würde sich die EU-Kommission in diesem Punkt durchsetzen, könnten sogar die Fahrpreise steigen. Die dicksten Brocken – ein Überblick:

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Stromverbraucher und Unternehmen bezahlen heute 6,3 Cent je Kilowattstunde für den Ausbau der erneuerbaren Energien. Deutschlands größter Stromverbraucher ist die Bahn. Sie zahlt: nichts. Sie ist ebenso wie andere Verkehrsunternehmen ausgenommen. Die EU hält das für wettbewerbswidrig. Setzt sich Brüssel durch, müsste die Bahn eine halbe Milliarde Euro mehr jährlich für Strom ausgeben.

Bahnchef Grube glaubt, dass dies bis zu zehn Prozent höhere Fahrpreise bedeuten könnte: „Das Wachstum auf der Schiene darf nicht dadurch ausgebremst werden, dass der Bahnstrom in vollem Umfang in die Umlage einbezogen wird“, sagt er. Schon heute würde sein Unternehmen „als ein Treiber der Energiewende“ jährlich mit 100 Millionen Euro an anderen Stellen belastet. „Nicht ohne Grund haben wir 75 Prozent des Fernverkehrs auf 100 Prozent Öko-Strom umgestellt. Es wäre widersinnig, uns dafür auch noch zu bestrafen.“

Schlechte Erfahrungen mit Trennung von Netz und Betrieb

Weil das 26.000 Kilometer große Schienennetz in Deutschland von rund 390 privaten Bahnunternehmen in Konkurrenz zum Personen- und Güterverkehr des Staatsbetriebs genutzt wird, drängt die EU auch auf eine „Trennung von Netz und Betrieb“. Die Begründung ist ähnlich: Wettbewerbsnachteile sollen vermieden werden. Sie befürchtet, dass die Bahn Nutzer-Einnahmen und Gewinne aus dem Netz in den Betriebsteil verlagert. Marktwirtschaftlich sind solche Bedenken nachvollziehbar.

Doch wie würde eine Trennung von Netz und Betrieb in der Praxis funktionieren? Wird ein liegengebliebener Zug des Betriebskonzerns schnell genug dem Fahrdienstleiter gemeldet, der beim Netzkonzern beschäftigt ist? Andere Staaten haben böse Erfahrungen mit Trennungen gemacht. Großbritannien litt jahrelang unter Unglücken. Frankreich nimmt die Reform schon wieder zurück.

Bahn ist gefragt wie nie zuvor. Seit der Reform von 1994 liegt das Plus im Personenverkehr bei 28 Prozent, im Güterverkehr bei 58 Prozent. Der Steuerzahler muss ein Fünftel weniger für den Bahnbetrieb ausgeben als damals. Aber von Jahr zu Jahr mehr fällt auf, dass das Netz mehr als 100 Jahre alt ist und morsch. Die Koalition hat mehr Geld für Sanierung und Erhalt versprochen. „Positiv“ nennt das Grube. Und traut dem Frieden nicht: Alles sei „Schall und Rauch“, wenn es nicht verwirklicht würde.