Essen. . Wir blicken zurück auf die Gewinner und Verlierer des Wirtschaftsjahres 2013: Ursula Gather, Joe Kaeser, Gerhard Cromme und Peter Terium zum Beispiel – Erfolge und Niederlagen liegen dicht beieinander. Vier Auf- und vier Absteiger des Jahres.
Überraschende Abschiede, unerwartete Aufstiege: Erfolge und Niederlagen liegen in der Wirtschaft dicht beieinander. Wir blicken zurück auf die Gewinner und Verlierer des Wirtschaftsjahres 2013. Karstadt, RWE und Thyssen-Krupp liefern nur einige Beispiele – es waren jedenfalls turbulente Tage auf den Konzernetagen.
Gewinnerin Ursula Gather
Es ist eine der prestigeträchtigsten Aufgaben, die es in der deutschen Wirtschaft gibt: Als Nachfolgerin von Krupp-Legende Berthold Beitz steht Ursula Gather seit Anfang Oktober an der Spitze einer Institution, die nicht nur das Ruhrgebiet über Jahre hinweg geprägt hat. Als Chefin der einflussreichen Krupp-Stiftung führt die Rektorin der Technischen Universität Dortmund den nach wie vor wichtigsten Anteilseigner des Essener Industriekonzerns Thyssen-Krupp. Zwar fiel der Anteil der Stiftung im Zuge einer Kapitalerhöhung im Dezember von mehr als 25 auf rund 23 Prozent. Ursula Gather dürfte dies indes nicht aus der Ruhe bringen. „Ich bin Mathematikerin“, sagte sie unlängst. „Nirgendwo waren je Zahlen in Stein gemeißelt.“
Verlierer Gerhard Cromme
Bei der Trauerfeier für Krupp-Legende Berthold Beitz Ende September in der Essener Villa Hügel fehlte ein Mann: Gerhard Cromme. Seit Jahren galt der langjährige Thyssen-Krupp-Aufsichtsratsvorsitzende als Kronprinz und Anwärter auf die Nachfolge von Beitz als Chef der Stiftung. Selbst als der Druck angesichts der schweren Krise des Industriekonzerns schon groß war, befand Beitz: „Cromme bleibt.“
Doch am Ende ging Cromme. Der Manager, lange Zeit einer der mächtigsten Industrieführer der Republik, räumte in der Stiftung und bei Thyssen-Krupp seine Posten und machte den Weg frei für einen Neuanfang – wohl auch auf Druck von Beitz. Cromme war es nicht mehr gelungen, die Probleme von Thyssen-Krupp in den Griff zu bekommen.
Gewinner Joe Kaeser
Ein spektakulärer Machtkampf erschütterte im Sommer Deutschlands Vorzeigekonzern Siemens. Am Ende war Joe Kaeser der große Gewinner. Der langjährige Finanzchef rückte an die Spitze des Traditionskonzerns und löste den glücklosen Peter Löscher ab, der letztlich über eine neuerliche Korrektur der Gewinnprognose stürzte. Der neue Konzernchef, dessen Markenzeichen lange Zeit ein markanter Schnauzbart war, ist ein Siemens-Eigengewächs. Seit seiner Rückkehr aus den USA, wo der Manager vier Jahre lang tätig war, nennt er sich nur noch Joe Kaeser. In der Geburtsurkunde steht noch Josef Käser. Er gilt als Machtmensch und Stratege. Die Erwartungen sind hoch. Kaeser muss nach einem schwierigen Jahr Erfolge liefern und neue Unruhe vermeiden.
Verlierer Peter Terium
Unruhige Zeiten für den Essener Energiekonzern RWE und seinen Chef Peter Terium: Stellenabbau im großen Stil, Verlagerung von Jobs nach Polen, eine massive Dividendenkürzung, Ärger mit Kommunen und Gewerkschaften – ein schweres Jahr liegt hinter dem lange Zeit erfolgsverwöhnten Unternehmen.
Terium setzt auf eisernes Sparen und muss sich die Frage gefallen lassen, wo eigentlich die Zukunftsperspektive von RWE liegt. „Unser Ergebnis wird dramatisch sinken“, räumte der Manager Ende Oktober ein und kündigte „neue Sparprogramme“ an. „Noch ehe das eine Sparprogramm umgesetzt ist bereits das nächste anzukündigen, fördert sicher nicht das Vertrauen in die Weitsicht des Managements“, giftete Gewerkschaftschef Michael Vassiliadis.
Gewinner Christoph M. Schmidt
Seit März haben die fünf „Wirtschaftsweisen“ einen neuen Vorsitzenden: Christoph M. Schmidt. Der Präsident des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) in Essen spielt damit eine Schlüsselrolle in Sachen Wirtschaftspolitik – als Mahner, Ratgeber und ordnungspolitisches Gewissen der Nation. Zentrale Vorhaben des Regierungsbündnisses von Union und SPD kritisiert der Wirtschaftsweise in aller Schärfe. „Wir schlagen einen Weg ein, durch den Deutschland wieder zum kranken Mann Europas werden könnte“, sagte Schmidt unlängst. Der Koalitionsvertrag berge das Risiko, „dass die Euro-Länder den Eindruck gewinnen, wir erwarteten von ihnen harte Reformen, drehen aber gleichzeitig im eigenen Land das Rad zurück“.
Verlierer Nicolas Berggruen
Der einst als Karstadt-Retter gefeierte Investor Nicolas Berggruen hat viele Hoffnungen enttäuscht. Arbeitnehmervertreter klagen über einen Investitionsstau beim Warenhauskonzern und fordern ein stärkeres finanzielles Engagement des Eigentümers, der Karstadt im Jahr 2010 für einen symbolischen Euro gekauft hatte. Auch Stellenabbau und die Forderung, die Beschäftigten sollen auf Lohnerhöhungen verzichten, sorgten für Unmut. Wichtige Teile des Konzerns, darunter das Berliner KaDeWe und die Sportfilialen, hat Berggruen mittlerweile gewinnbringend verkauft. Die langjährige Ikea-Managerin Eva-Lotta Sjöstedt soll Karstadt jetzt auf Kurs bringen. Doch vorerst herrscht Unsicherheit. Seinen Heldenstatus hat Berggruen jedenfalls längst verloren.
Gewinnerin Mary Barra
Erstmals rückt eine Frau an die Spitze eines großen Autokonzerns: Ab Mitte Januar führt Mary Barra den Opel-Mutterkonzern General Motors (GM), wenn sich Dan Akerson früher als geplant in den Ruhestand verabschiedet. Akerson sagte, Barra habe „Ordnung in das Chaos“ der weltweiten Produktentwicklung von GM gebracht – ein Kompliment für eine Frau, die sich im von Männern dominierten Autogeschäft behauptet hat. Schon ihr Vater arbeitete fast 40 Jahre lang als Werkzeugmacher für GM. Angeblich hat sich Mary Barra, die in der Autostadt Detroit zur Welt kam, schon als Kind weniger für Puppen als für Mathematik und Physik interessiert. „Car-Girls wie Mary Barra tun der Branche gut“, meint jedenfalls Opel-Chef Karl-Thomas Neumann.
Verlierer Hartmut Mehdorn
Spott ist Hartmut Mehdorn gewiss. Im März übernahm der ehemalige Bahnchef die Führung der Berliner Flughafenholding, doch auch Mehdorn scheint keine schnelle Lösung für den Pannen-Airport zu finden. „Das ist wie eine Zahnpastatube: Sie müssen sie hinten aufrollen, damit vorne was rauskommt“, scherzte Mehdorn im Juni. Anderen Menschen ist das Lachen vergangen angesichts der Milliardenkosten für das unvollendete Großprojekt. Dass ausgerechnet Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit erneut an die Spitze des Flughafen-Aufsichtsrats rücken soll, sorgt zusätzlich für Ärger. Wie teuer der Hauptstadt-Flughafen einmal sein wird, ist immer noch nicht klar. Erst recht nicht, wann er eröffnet wird. Der Druck auf Mehdorn wächst.