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Die Krise bei Thyssen-Krupp führt zu einer Zeitenwende bei der Zusammensetzung der Anteilseigner. Die Krupp-Stiftung hat wie erwartet nicht an der Kapitalerhöhung von zehn Prozent teilgenommen, mithin rutscht ihr Anteilsbesitz auf 22,99 Prozent und damit unter die sogenannte Sperrminorität. Diese ermöglicht es, auf Hauptversammlungen Beschlüsse zu blockieren, die laut Aktiengesetz einer Mehrheit von 75 Prozent bedürfen. Etwa bei der Abberufung von Aufsichtsräten, Beschlüssen zur Kapitalerhöhung, Satzungsänderungen oder einer Fusion.
Das Bollwerk hat Löcher
Deshalb wurde die Krupp-Stiftung bislang gerne als Bollwerk gegen unliebsame Einflüsse von außen gesehen. Kurz vor seinem Tod hatte Thyssen-Krupp-Patriarch Berthold Beitz allerdings in einem Interview seinen Frieden mit einer Kapitalerhöhung gemacht, wenn es denn der Firma nutze. Vorstandschef Heinrich Hiesinger hatte im Interview mit dieser Zeitung die Bedeutung der Sperrminorität relativiert. Wichtig sei es, „einen starken Ankeraktionär zu haben, und das Verhältnis wird sich auch nicht ändern, ob es 25, 20 oder weniger Prozent sind“. Die Sperrminorität hatte die Stiftung erst wieder seit 2007 inne. Ursula Gather, die Nachfolgerin von Beitz an der Spitze des Stiftungskuratoriums, sagte, die Stiftung bleibe „verlässliche Ankeraktionärin“, unterstütze den Vorstand auf dem eingeschlagenen Weg und nehme „ihre Verantwortung im Aufsichtsrat“ wahr.
Hier dürfte die Veränderung erste Folgen haben. Bislang verfügt die Stiftung dank eines Entsenderechts über drei Mandate, daraus werden nun nach Ablauf der persönlichen Bestellungen zwei. Das erste Mandat läuft im Januar 2015 aus. Beobachter erwarten, dass künftig der schwedische Finanzinvestor Cevian Anspruch auf einen Aufsichtsratssitz erhebt. Endgültige Klarheit über die neuen Investoren gibt es wohl erst am Freitag.
Cevian Capital, die sich gestern eines Kommentars enthielt, hatte zuvor eine Aufstockung ihres Anteilsbesitzes von 6,1 Prozent nicht ausgeschlossen. Beobachter rechnen damit, dass der Anteil möglicherweise sogar knapp über die Meldegrenze von zehn Prozent steigen könnte. Dies müsste der Fonds am Freitag bekanntgeben. Die Schweden sind nach der Stiftung und vor den US-Investoren Franklin Mutual und Black Rock zweitgrößter Anteilseigner. Cevian bezeichnet sich als „aktiver“ Investor, der einen „industriellen Wertsteigerungsansatz“ über ein langfristiges Engagement verfolge. Will sagen: Die Fondsmanager nutzen ihren Einfluss auf das Management, um möglichst große Wertsteigerungen zu erreichen. Die Schweden, die neun Milliarden Euro für Investoren, Staats- oder Pensionsfonds verwalten, sind mit 18 Prozent am Bau- und Industriedienstleister Bilfinger beteiligt.
Angelsächsische Investoren
Im Unternehmensumfeld hieß es, die Kapitalerhöhung von Thyssen-Krupp sei erfolgreich gelaufen, binnen einer Stunde seien die Orderbücher bei den Banken voll gewesen, später sei die Nachfrage nach den Aktien dreimal höher als das Angebot ausgefallen. Die 51,5 Millionen Aktien gingen zu 17,15 Euro das Stück über den Tresen, insgesamt brachte die Kapitalerhöhung knapp 900 Millionen Euro ein. Wie es weiter hieß, hätten im Wesentlichen langfristige Investoren mit einem Anlagehorizont von drei bis fünf Jahren investiert.
Aus Anlegersicht ist der angeschlagene Essener Technologie- und Stahlkonzern angelsächsisch geprägt. Nur ein Drittel der Aktien befindet sich in deutscher Hand, der Rest liegt in Großbritannien und den USA.