Essen. Der Sparkurs des Energieversorgers RWE ist in den Revier-Rathäusern umstritten. Es geht auch um den Einfluss in dem Konzern. Als Alternative zur geplanten Dividenden-Kürzung wird auch das Thema Kapitalerhöhung diskutiert. Damit würde der Einfluss der Kommunen wohl sinken.

Das waren noch Zeiten. Es gab Altbier und Würstchen, als die Landeshauptstadt Düsseldorf vor sechs Jahren ihre Schuldenfreiheit feierte. Der Verkauf von Aktien des Essener Energiekonzerns RWE hatte gerade 363 Millionen Euro in die Stadtkasse gespült, Ende 2007 setzte die RWE-Aktie zum Höhenflug an: Der Kurs erreichte zwischenzeitlich fast 100 Euro. Lang ist’s her. Wer heute eine RWE-Aktie verkaufen möchte, bekommt dafür gerade einmal rund 27 Euro. Auch die Aussichten sind trist. Die Dividende für die Aktionäre soll halbiert werden. „Es gibt keinen Zweifel daran, dass uns schwere Zeiten bevorstehen“, räumt RWE-Chef Peter Terium unumwunden ein.

Weniger Geld in den Stadtkassen

Der Sparkurs von RWE belastet auch die hoch verschuldeten Revierstädte, die nach wie vor zu den großen Anteilseignern des Energiekonzerns gehören. Insgesamt halten sie rund 24 Prozent der RWE-Aktien. Für das laufende Jahr will das Unternehmen statt zwei Euro nur noch einen Euro je Aktie als Dividende zahlen. Für die Kommunen wären es 175 Millionen Euro weniger in der Kasse.

In einem Hintergrundpapier, das in Kreisen der Revierstädte kursiert, legt RWE eine schonungslose Bestandsaufnahme vor. Gleich in vierfacher Hinsicht seien die kommunalen Aktionäre von der schwierigen Situation bei RWE betroffen – und zwar in Sachen Aktienkurs, Dividendenkürzung, Verringerung des Gewerbesteuer-Aufkommens und aufgrund einer „Verringerung der Kaufkraft von RWE-Arbeitnehmern“. Tausende Ar­beits­plätze sollen wegfallen, um die hohe Verschuldung des Konzerns in den Griff zu bekommen.

In den Rathäusern rumort es

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In den Rathäusern rumort es. Die Stadtkämmerer aus Bochum, Bottrop, Essen und Mülheim haben angekündigt, die geplante Halbierung der Dividende spätestens bei der Hauptversammlung Ende April 2014 verhindern zu wollen. Traditionell verfügen die Kommunen über erheblichen Einfluss im RWE-Konzern – unter anderem durch Mandate im Aufsichtsrat. Dort sitzen auch die Mülheimer Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld und ihr Dortmunder Amtskollege Ullrich Sierau.

Es wird sogar spekuliert, die Kommunen könnten dem RWE-Vorstand die Entlastung verweigern – es wäre ein Signal des Misstrauens. Mülheims Kämmerer Uwe Bonan äußert sich betont nüchtern zu dieser Frage. „Die Entlastung des Vorstands der RWE AG erfolgt im Rahmen der Hauptversammlung“, sagt er. „Mit Vorlage der Tagesordnung zur Hauptversammlung werden sich die Kommunen mit diesem Thema befassen.“

Kapitalerhöhung bei RWE als „Ultima Ratio“

Als Alternative zur Dividenden-Halbierung wird auch das Thema Kapitalerhöhung bei RWE diskutiert. Sie wird in dem Hintergrundpapier als „Ultima Ratio“ bezeichnet, als letzter Lösungsweg. Eine Kapitalerhöhung würde den Einfluss der Kommunen bei RWE erheblich schmälern, da unwahrscheinlich ist, dass die verschuldeten Städte neues Geld in den Energiekonzern pumpen könnten.

„Wir sind natürlich auch nicht begeistert von der Dividenden-Kürzung, aber man muss immer auch die Alternativen sehen“, sagt Jörg Jacoby, Finanzchef der Dortmunder Stadtwerke DSW21, die ein großes RWE-Aktienpaket hält. „Einer Kapitalerhöhung in einem Umfang, wie er RWE vorschweben würde, könnten wir nie Rechnung tragen.“ Mülheims Kämmerer Bonan betont, eine Kapitalerhöhung löse nicht die eigentlichen Probleme im Kraftwerksgeschäft.

Häufiger müssen sich die Kämmerer derzeit fragen lassen, warum sich die Kommunen nicht in der Vergangenheit von RWE-Aktien getrennt haben, als diese noch viel mehr Geld einbrachten als heute. Es sei müßig, verpassten Chancen nachzutrauern, sagt Essens Kämmerer Lars Martin Klieve. „In Essen ist der Konzernsitz von RWE, es gibt viele RWE-Arbeitsplätze in der Stadt.“ Essen habe eine viel engere Bindung an den Konzern als Düsseldorf. „Das muss man berücksichtigen.“