Essen. Die neue Benzinpreis-Meldestelle hat den Probebetrieb gestartet - ob sich das System bewährt, muss sich aber noch zeigen. Zumindest sollen die Autofahrer nun einen besseren Überblick über das tägliche Auf und Ab der Preise bekommen. Verbraucherschützer sehen ein Sparpotenzial von 60 Euro pro Jahr.

Zehn Tage vor der Bundestagswahl gingen gestern die ersten vier Informationsdienste an den Start, die Verbrauchern die Spritpreise aller deutscher Tankstellen anzeigen. Die Verbraucherzentrale NRW begrüßte das Meldesystem und rechnete aus, dass Autofahrer mit einer Fahrleistung von 15.000 Kilometern und einem Durchschnittsverbrauch von acht Litern bei einem Preisunterschied von fünf Cent pro Liter bis zu 60 Euro pro Jahr sparen können, wenn sie die günstigere Tankstelle nutzen.

Am Mittag hatte Bundeskartellamtspräsident Andreas Mundt den Probebetrieb der „Markttransparenzstelle für Kraftstoffe“ eingeläutet. Zum 1. Dezember soll der Regelbetrieb beginnen. Dann müssen alle 14.500 deutschen Tankstellen binnen fünf Minuten täglich ihre Spritpreis-Änderungen melden. Bis gestern waren es 13.100.

Markttransparenzstelle sammelt Daten

Die Markttransparenzstelle des Kartellamts arbeitet die Daten nicht selbst für die Verbraucher auf. Das sollen Informationsdienste über Online-Portale, Navigationssysteme oder Smartphone-Apps tun. Der Behörde lagen bis gestern knapp 100 Anträge von Anbietern vor, die die Spritpreisdaten veröffentlichen wollen. Sie erhoffen sich davon auch Werbeeinnahmen.

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Für den Probebetrieb hat das Kartellamt vier Dienste zugelassen:

www.adac.de/tanken: Obwohl das Portal gestern noch nicht lief, kündigte der Automobilclub auch eine neue App an.

www.clever-tanken.de: Das Vergleichsportal bietet nach eigenen Angaben eine mobile Preisübersicht in seiner App. Aber auch hier rumpelte es gestern noch.

www.mehr-tanken.de: Das Portal liefert eine Übersicht der Spritpreise im gewählten Umkreis.

www.spritpreismonitor.de: Die Seite war gestern „vorübergehend wegen Wartungsarbeiten“ nicht zu erreichen.

„Die Verbraucher haben erstmals die Möglichkeit eines echten Preisvergleichs“, sagte Kartellamtspräsident Mundt. Das soll unter den fünf in Deutschland marktbeherrschenden Mineralölkonzernen für „einen gewissen Wettbewerbsdruck“ sorgen. Bislang hätten nur die Konzerne einen detaillierten Blick auf die Preise an den einzelnen Tankstellen gehabt, die weit auseinander liegen können – die Verbraucher aber nicht. „Wir beseitigen dieses Ungleichgewicht und stellen Waffengleichheit her“, betonte Mundt.

Erfolge in Österreich

Österreich habe das Modell bereits umgesetzt, sagte er. Die Alpenrepublik sei bei den Spritpreisen vor der Einführung im oberen Drittel in Europa gewesen, danach rangierte sie im unteren Drittel. Prognosen für die Preisentwicklung in Deutschland wagte Mundt nicht.

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2011 hatte das Kartellamt nach einer mehrjährigen Untersuchung des Marktes erklärt, die Mineralölkonzerne erhöhten die Preise regelmäßig im Gleichklang. Vor allem vor Ferienzeiten oder Feiertagen sei dies zu beobachten. Beweise für illegale Preisabsprachen hatten die Wettbewerbshüter seinerzeit aber nicht entdeckt.

Teuren Tankstellen ausweichen

Autofahrer reagieren unterschiedlich auf das neue Vergleichsangebot, wie eine Blitzumfrage dieser Zeitung gestern ergab: Danach wollen insbesondere junge Autofahrer die angekündigten Apps nutzen, wenn sie kostenlos sind. Andere zeigten sich eher skeptisch: „Ich vergleiche die Preise der Tankstellen, an denen ich vorbeikomme“, war immer wieder zu hören.

Verbraucherschützer jedenfalls sehen in dem neuen Service eine „wirksame Hilfe, um teuren Tankstellen auszuweichen“. Klaus Müller, Chef der Verbraucherzentrale NRW: „Wir setzen darauf, dass die eklatant hohen Preisschwankungen für Pkw-Kraftstoffe im Tages- und Wochenverlauf einen kleinen, aber dauerhaften Dämpfer erhalten.“