Essen. . 14.000 Tankstellen müssen ab Donnerstag erste Daten dem Kartellamt melden. Sie sind Basis für die Spritpreis-App, die noch in diesem Sommer Autofahrern Preisvergleiche jeder Zapfsäule in Deutschland ermöglichen soll. Freie Tankstellen kritisieren den Zeitdruck und vermuten politische Interessen dahinter.
Es war die Idee von Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP), in Zeiten teuren Sprits den Autofahrern Daten an die Hand zu geben, wie sie per Handy die Preise an den Tankstellen vergleichen können. Mit der näher rückenden Bundestagswahl wächst nun auch der Druck auf die Tankstellen, die technischen Voraussetzungen für die Datenübermittlung an die neue Markttransparenzstelle für Kraftstoffe zu liefern. Doch es hakt.
Der Bundesverband der Freien Tankstellen (BFT) mit 2250 Tankstellen in Deutschland bekommt in diesen Tagen den Unmut seiner 500 Mitgliedsunternehmen zu spüren. „Hier herrscht Chaos pur“, sagt BFT-Geschäftsführer Stephan Zieger. „Die Technik funktioniert noch nicht überall.“
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Die Anbieter von Kassensystemen und Preismasten sind nach Ziegers Einschätzung nicht in der Lage, die Software so anzupassen, dass die Spritpreis-Änderungen einer jeden Tankstelle in der vom Kartellamt gewünschten Form an die Meldestelle übermittelt werden kann. Manche müssen neue Kassen kaufen, die locker 15.000 Euro kosten.
„Das ganze System ist mit der heißen Nadel gestrickt“
Doch unter Androhung eines Bußgeldes, heißt es beim BFT, sollen 90 Prozent der 14.000 Tankstellen in Deutschland bis zum Donnerstag, 1. August, zumindest die Grunddaten wie Adresse, Öffnungszeiten, Geo-Codierung und Identifizierungsnummer an die Meldestelle übermittelt haben.
„Doch hierbei hapert es. Das ganze System ist mit der heißen Nadel gestrickt“, kritisiert Zieger. Die Tankstellen müssen deshalb auf Übergangslösungen zurückgreifen und das Kartellamt manuell mit Daten versorgen. Was aus Sicht der Betreiber für mehr Aufwand und höhere Kosten sorgt.
Beim Marktführer Aral in Bochum gibt man sich indes gelassen: „Wir werden unsere Grunddaten bis zum 1. August übermitteln“, versichert Konzern-Sprecher Detlef Brandenburg. Technische Probleme gebe es bei Aral nicht.
ADAC steht Gewehr bei Fuß
Kartellamts-Sprecher Kay Weidner will offiziell nichts von einem konkreten Zeitplan wissen und kündigt den Start der Transparenzstelle „im Laufe des Sommers“ an. Auch weist er den Eindruck von politischem Druck zurück. Dennoch ist es ein offenes Geheimnis, dass der in der Rechtsverordnung vorgesehene dreimonatige Testlauf verkürzt werden könnte und Wirtschaftsminister Rösler Anfang September den Spritpreis-Service freischalten kann. Am 22. September wird gewählt.
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Der Automobilclub ADAC jedenfalls steht Gewehr bei Fuß. Er hat alle Vorbereitungen getroffen, um sich am Bieterverfahren für die Spritpreis-App zu beteiligen.
Denn die öffentlich-rechtliche Meldestelle sammelt allein die Daten. Aufbereiten müssen sie Dritte, damit Autofahrer über ihr Navigationssystem oder ihr Smartphone im Fünf-Minuten-Takt ermitteln können, wo in ihrem Umkreis die günstigsten Tankstelle zu finden ist.
Freie Tankstellen wünschen sich mehr Zeit
„Es ist Eile geboten. Das Bundeswirtschaftsministerium hat ja offenbar ein Interesse daran, dass es noch vor der Wahl losgeht“, sagt ADAC-Sprecher Andreas Hölzel. Die politischen Begehrlichkeiten ändern aus seiner Sicht aber nichts daran, dass die Meldestelle „eine gute Sache“ sei.
„Es gibt keinen schnelleren und bequemeren Preisvergleich“, so Hölzel. Und er hat die Hoffnung, dass die Spritpreise generell sinken, wenn Autofahrer mit Hilfe der neuen App tatsächlich nur noch die günstigsten Zapfsäulen ansteuern.
Auch die mittelständischen Tankstellen, die die regelmäßige Preismeldungen besonders belasten, begrüßen das Transparenzverfahren. Sie wünschen sich aber mehr Zeit, um den Anbietern der Technik die Möglichkeit zu geben, „sichere und zuverlässige“ Systeme zu gewährleisten, heißt es beim Verband BFT.
Der Begriff von der „Flickschusterei auf dem Rücken der Mittelständler“ macht die Runde. Doch so viel Zeit hat Wirtschaftsminister Rösler nicht. Am 22. September wird gewählt.