Frankfurt/Main. Die Deutsche Bank hat im Libor-Skandals vier Mitarbeitern zu Unrecht fristlos gekündigt. Da den Männern keine Zinsmanipuation nachgewiesen werden konnte, seien die im Februar ausgesprochenen Entlassungen “unverhältnismäßig“ und nicht rechtskräftig, urteilte das Arbeitsgericht Frankfurt am Mittwoch.
Im Skandal um Zinsmanipulation hat die Deutsche Bank vier Mitarbeitern zu Unrecht fristlos gekündigt. Das Arbeitsgericht Frankfurt urteilte am Mittwoch, die im Februar ausgesprochenen Entlassungen seien "unverhältnismäßig" und somit nicht rechtskräftig. Nun haben die vier Geldmarktexperten Anspruch auf Weiterbeschäftigung bis zum Abschluss des Rechtsstreits. Zudem muss die Bank ihnen Gehälter samt Zinsen nachzahlen. Nach Vorlage der schriftlichen Urteilsbegründung will die Bank entscheiden, ob sie in Berufung geht (Az.: 9 Ca 1551/13 bis 9 Ca 1554/13).
Die vier Händler waren über Jahre an der Festsetzung der Zinssätze Euribor beziehungsweise Libor beteiligt. Die Bank wirft ihnen vor, sich in diesem Zusammenhang per Chat und E-Mail verbotenerweise auch mit Derivate-Händlern im eigenen Haus ausgetauscht zu haben. Angesichts eines derart "schwerwiegenden Fehlverhaltens von so hochbezahlten Leuten" habe an der außerordentlichen Kündigung kein Weg vorbeigeführt, sagte Anwalt Christian Hoefs am Mittwoch vor dem Arbeitsgericht. Es sei völlig offensichtlich, dass die Ermittlung der Zinssätze "objektiv und unbeeinflusst" geschehen müsse.
Großbanken sollen über Jahre manipuliert haben
Die "London Interbank Offered Rate" (Libor) gibt an, zu welchen Konditionen sich Banken gegenseitig Geld leihen. Der Euribor ist quasi die Euro-Variante. Diese Zinssätze werden täglich von einer Reihe internationaler Großbanken gemeinsam festgelegt. Weil sie als Grundlage für Geschäfte in Billionenhöhe gelten - von Baukrediten bis zu komplexen Derivate-Geschäften - können schon kleine Veränderungen große Schwankungen auslösen. Großbanken sollen auf diesem Feld über Jahre manipuliert haben, um höhere Gewinne einzustreichen.
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Aus Sicht des Gerichts gab es bei der Deutschen Bank zum Zeitpunkt der strittigen Kommunikation "keine konkreten Richtlinien, keine konkreten Kontrollen, um die strikte Trennung zwischen Ermittlern der Referenzzinsen und Händlern zu gewährleisten", wie die Vorsitzende Richterin Annika Gey in der Urteilsbegründung ausführte. Bis Ende 2011 seien auch Derivate-Händler der Bank per interner E-Mail 30 Minuten vor der offiziellen Veröffentlichung über die Zinsentscheidung der Bank informiert worden. Die Kammer berücksichtigte zudem, dass die Mitarbeiter schon seit Jahren - im längsten Fall seit 1987 - für die Deutsche Bank tätig waren.
Anwalt rechtfertigt Kündigungen
Hoefs erklärte nach der Urteilsverkündung: "Wir halten unsere Maßnahmen nach wie vor für angemessen und richtig." Nach aufwendiger Prüfung - 43 Millionen Informationen seien ausgewertet, zusätzlich 40 Personen interviewt worden - habe die Bank im Fall einzelner Mitarbeiter gehandelt, "nachdem wir festgestellt hatten, dass sie sich aus eigenem Antrieb in einer Weise verhalten haben, die nicht den Standards der Bank entsprach". Nach einer ersten Prüfung der konkreten Fälle 2011/2012 war den betroffenen Mitarbeitern der Bonus für das Jahr 2011 um 40 Prozent gekürzt worden.
Im Libor-Skandal mussten Barclays, die Royal Bank of Scotland und die UBS bereits hohe Bußgelder zahlen. Bei der Deutschen Bank erkannte die Finanzaufsicht Bafin nach einer Sonderprüfung zwar kein bewusstes Fehlverhalten im Top-Management, wie aus Finanzkreisen zu hören ist. Die Bafin rügte aber zu lasche interne Kontrollen. Die weltweiten Ermittlungen laufen noch. (dpa)