London. Die britische Großbank Barclays will 3700 von insgesamt 140.000 Stellen abbauen. Fast die Hälfte davon betrifft das Investmentbanking in Europa und Asien. Der neue Barclays-Chef Jenkins will dagegen das klassische Privat- und Firmenkundengeschäft stärken. Die Deutsche Bank strebt einen ähnlichen Wandel an.

Die britische Großbank Barclays steht unter ihrem neuen Chef Antony Jenkins vor einem radikalen Jobabbau: Konzernweit sollen mindestens 3700 der insgesamt rund 140.000 Stellen wegfallen. Knapp die Hälfte davon trifft das Investmentbanking, das dem Institut über Jahre satte Gewinne, am Ende wegen des Zinsskandals aber einen herben Imageverlust brachte. Nun wird das Kapitalmarktgeschäft zusammengestutzt, vor allem in Kontinentaleuropa und Asien.

Stärken will Jenkins dagegen das klassische Privat- und Firmenkundengeschäft. Der Umbau steht unter dem Motto "Kulturwandel", den sich auch die Deutsche Bank verordnet hat: Windige Geschäfte sollen der Vergangenheit angehören. Das in der Krise verspielte Vertrauen soll zurückgewonnen werden. Doch was gut klingt, wird in der Praxis lange dauern. Darüber macht sich auch Jenkins keine Illusionen, wie er dem BBC-Radio am Dienstag sagte: "Ich verstehe die Zyniker und die Skeptiker da draußen. Es wird Jahre dauern, bevor die Menschen ihre Meinung über uns ändern."

Antony Jenkins kommt selbst aus Privatkundengeschäft

Jenkins führt das Ruder bei Barclays seit Ende August. Seine neue Strategie war mit Spannung erwartet worden. Beobachter halten ihm zugute, dass er selbst aus dem Privatkundengeschäft kommt - und damit anders als etwa Deutsche-Bank-Co-Chef Anshu Jain eine natürliche Distanz zu den hoch bezahlten Investmentbankern hat. Jenkins' Vorgänger Bob Diamond war über den weltweiten Skandal um die Manipulation des internationalen Referenz-Zinssatzes Libor gestürzt. Denn als erstes Geldhaus überhaupt hatte Barclays eine Verstrickung in die Tricksereien eingeräumt und musste dafür eine Strafe von 450 Millionen Dollar abdrücken. Aber auch an anderen Ecken und Enden brennt es: So verkaufte die Bank ihren Privatkunden jahrelang teure Restschuldversicherungen, die sie eigentlich nicht brauchten - und wurde dafür im Nachhinein ebenfalls zur Kasse gebeten.

Bonustopf schrumpft um 17 Prozent

Mit all dem soll nun Schluss sein, verspricht Jenkins. Im Investmentbanking regiert er bereits durch: Hier sollen 1800 Stellen wegfallen, 1600 Leute davon mussten bereits gehen. Der Aktienhandel und das Beratungsgeschäft werden zurückgefahren. Auch der Bonustopf für die verbliebene Mannschaft wird nicht verschont. Im Schnitt bekommen die Investmentbanker nur noch eine Prämie von 54.100 Pfund - 17 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Konzernweit werden für 2012 Boni in Höhe von 1,85 Milliarden Pfund ausgeschüttet - ein Minus von 14 Prozent.

Jenkins gibt Barclays für den Umbau etwa drei Jahre Zeit - genauso viel wie die neuen Chefs der Deutschen Bank dem hiesigen Branchenprimus. Bei Barclays sollen die jährlichen Aufwendungen bis 2015 um 1,7 Milliarden Pfund sinken. Aber auch hier kostet der Sparkurs zunächst Geld, unter anderem weil Abfindungen fällig werden. Allein im laufenden ersten Quartal rechnet das Institut mit Kosten von etwa 500 Millionen Pfund. Bei den Anlegern regierte am Dienstag das Prinzip Hoffnung: Die Barclays-Aktie verteuerte sich im frühen Handel um fast vier Prozent. Das magere Jahresergebnis störte dabei offenbar wenig. Zwar traf Barclays mit einem bereinigten Vorsteuergewinn von gut sieben Milliarden Pfund - ein Plus von 26 Prozent - in etwa die Analystenerwartungen. Doch unbereinigt blieben vor Steuern nur 246 Millionen Pfund übrig - nach fast sechs Milliarden im Jahr 2011. Hier schlugen nicht nur die Entschädigungen durch, die Barclays den Kunden wegen der Restschuldversicherungen zahlte. Das Institut musste auch seine eigenen Verbindlichkeiten neu bewerten. (reuters)