Seattle. . Microsoft-Chef Steve Ballmer tritt ab. Er wird die Firma, die er über all die Jahre entscheidend mitprägte, in einer schwierigen Phase verlassen. Microsoft, groß geworden durch das allgegenwärtige PC-Betriebssystem Windows, steckt zwar nicht in einer tiefen Krise, aber mitten im Umbau.
Seine Auftritte werden der Belegschaft auf jeden Fall in Erinnerung bleiben. Microsoft-Chef Steve Ballmer ließ nie einen Zweifel daran, dass er für die Firma, in deren Diensten er über 30 Jahre lang stand, besondere Sympathien hegte. „I love this Company“, „Ich liebe diese Firma“, hatte Ballmer einmal gesagt. Dabei hüpfte und tanzte der Microsoft-Chef wie von einer Tarantel gestochen über die Bühne. Das brachte ihm den Spitznamen „Monkey Boy“ ein, Affenjunge. Umso schwerer dürfte ihm der Schritt gefallen sein, zu dem er sich am Freitag veranlasst sah: Der 56-Jährige will in den nächsten zwölf Monaten den Chefsessel beim weltgrößten Software-Konzern räumen. Die Börse reagierte prompt auf den angekündigten Rücktritt. Der Microsoft-Aktienkurs schoss am Nachmittag um fast zehn Prozent nach oben.
Steve Ballmer wird die Firma, die er über all die Jahre entscheidend mitprägte, in einer schwierigen Phase verlassen. Microsoft, groß geworden durch das allgegenwärtige PC-Betriebssystem Windows, steckt zwar nicht in einer tiefen Krise, aber mitten im Umbau. Der Markt für klassische Personal-Computer ist stark rückläufig. Das trifft Microsoft in besonderem Maße. Weniger verkaufte PC bedeuten einen schwächelnden Windows-Absatz. Und Windows ist weiterhin Microsofts Umsatzbringer Nummer eins. Auch hat der Konzern das Geschäft mit den Tablet-Computern viel zu lange unterschätzt. Daran ist Ballmer nicht ganz unschuldig. „Das iPhone wird sich nicht sonderlich verkaufen“, soll er zum Start des erfolgreichen Apple-Handys im Jahr 2007 gesagt haben. Die Geschichte strafte ihn Lügen. Jetzt macht Microsoft auch in Smartphone-Betriebssystemen und Tablets – bislang allerdings mit nur mäßigem Erfolg.
Steven Anthony Ballmer stieg sehr früh bei Microsoft ein. 1981 war das. Firmengründer Bill Gates hatte ihn geholt. Gates, der geniale Software-Erfinder, und Ballmer, das Verkaufsgenie, bildeten ein unschlagbares Duo. Gates entwickelte sein Betriebssystem MS-DOS weiter, Ballmer tat neue Käuferschichten auf. Gemeinsam machten sie Microsoft groß, ließen die ehemalige Garagenfirma zu einem Weltkonzern wachsen.
Einen Nachfolger für Ballmer gibt es noch nicht
2000 schmiss Bill Gates hin, zog sich aus der operativen Führung des Unternehmens zurück, weil er sich nur noch seiner eigenen Stiftung widmen wollte. Ballmer verabschiedete seinen langjährigen Chef und Partner unter Tränen und übernahm das Ruder. Im Juni dieses Jahres brachte Ballmer einen Radikalumbau bei Microsoft auf den Weg. Das Unternehmen will all seine Produkte künftig unter einem Dach entwickeln. „One Microsoft“ nennt der US-Konzern das. Windows, die gerade erst vorgestellte neue Spielekonsole Xbox One und der Tablet-Computer Surface sollen noch enger miteinander verzahnt werden, Daten ohne Barrieren untereinander austauschen können. Eine Entwicklung, für die Microsoft einen langen Atem brauchen wird, um der Konkurrenz von Apple und Samsung gerade im Mobilbereich gefährlich werden zu können. Auch darauf ging Steve Ballmer in der Ankündigung seines Rücktritts ein: „Bei meinem ursprünglichen Zeitplan wäre meine Pensionierung mitten in den Umbau unseres Unternehmens gefallen“, ließ der Konzernlenker wissen. Aber: „Wir brauchen einen Chef, der für diese neue Ausrichtung länger da sein wird.“
Es gebe noch keinen Nachfolger, hieß es am Freitag aus dem Unternehmen. Eine Findungskommission soll sich auf die Suche nach dem besten Chef für Microsoft machen. Auch Bill Gates wird diesem Gremium angehören. Bis dahin soll Ballmer weitermachen. Erst dann wird er in den Ruhestand entlassen. Um den braucht er sich übrigens keine Sorgen machen: Das Wirtschaftsmagazin Forbes schätzt, dass Ballmer 15,2 Milliarden US-Dollar schwer ist.