Berlin/Essen. Karstadt braucht einen neuen Chef. Laut Verdi sollte das Anlass sein, die Sanierungsstrategie zu überprüfen. Die Gewerkschaft kämpft darum, dass der Warenhauskonzern zum Flächentarifvertrag zurückkehrt. Außerdem gehöre der weitgehend umgesetzte Abbau von 2000 Arbeitsplätzen auf den Prüfstand.

Die Gewerkschaft Verdi hat anlässlich des bevorstehenden Chefwechsels beim Warenhauskonzern Karstadt gefordert, die Unternehmensstrategie auf den Prüfstand zu stellen. "Die Strategie "Karstadt 2015" muss überprüft und erforderlichenfalls angepasst werden", sagte eine Verdi-Sprecherin am Montag in Berlin. Dabei müssten nicht nur die Geschäftszahlen analysiert werden. Auch der bereits weitgehend umgesetzte Abbau von 2000 Arbeitsplätzen und der Ausstieg aus der Tarifbindung gehörten auf den Prüfstand.

Diese Schritte gingen in die falsche Richtung. Wer viele noch unbekannte Modemarken einführe, müsse Service und Beratung groß schreiben. Nach nur zweieinhalb Jahren muss Karstadt-Eigentümer Nicolas Berggruen für seinen Warenhauskonzern einen neuen Chef suchen. Jennings, den er Anfang 2011 an die Spitze der traditionsreichen Warenhauskette mit rund 20 000 Beschäftigten berufen hatte, wird zum Jahresende 2013 abtreten, wie das Unternehmen am Sonntag bestätigte.

Karstadt weist Darstellung angeblicher Differenzen über Rettungsstrategie zurück

Das Unternehmen wies zugleich die Darstellung der "Bild am Sonntag" zurück, wonach der Grund für den Abgang Jennings Differenzen über die Strategie zur Rettung der Warenhauskette seien. "Berggruen und das Management befinden sich über die Fortsetzung der Karstadt-Strategie in Harmonie miteinander", hieß es in der Mitteilung am Sonntag.

Verdi äußerte am Montag indirekt auch Kritik am Führungsstil des scheidenden Karstadt-Chefs Jennings: Karstadt brauche ein Management, das den deutschen Markt gut kenne und die Sprache seiner Beschäftigten spreche. "Damit ist nicht gemeint, dass ein Manager deutsch spricht, sondern vor allem, dass er die Beschäftigten motiviert und einbindet", unterstrich die Sprecherin der Gewerkschaft. Die Erfahrungen der Beschäftigten müssten stärker berücksichtigt werden und in die Ausrichtung des Unternehmens einfließen - auch weil sie wissen würden, was die Kundschaft wolle.

Berggruen hatte Probleme unterschätzt

Die Arbeitnehmervertreter wollen an diesem Donnerstag (13.6.) bei der anstehenden Aufsichtstratssitzung über die Situation sprechen. Das sagte Gesamtbetriebsratschef Hellmut Patzelt am Montag. Auch das "Handelsblatt" hatte über die Sitzung des Kontrollgremiums berichtet.

Berggruen räumte vor wenigen Tagen ein, die Probleme bei der Übernahme 2010 unterschätzt zu haben: "Ich habe nicht gewusst, wie krank Karstadt nach 20 Jahren Missmanagement wirklich war. Die Herausforderungen sind noch größer und noch anstrengender", sagte er der "Bild"-Zeitung. Eine Sanierung sei immer ein langer Weg und "wir haben erst ungefähr die Hälfte hinter uns." Karstadt kündigte im Mai eine zweijährige "Tarifpause" an, um eine drohende Mehrbelastung in Millionenhöhe durch Tarifabschlüsse abzuwenden. Verdi will Karstadt zur Rückkehr zum Flächentarifvertrag bewegen. Dazu fanden bereist mehrere Streikaktionen statt. Berggruen kritisierte die Gewerkschaft. (dpa)