Essen/Düsseldorf. . Der Rechtsschutz für Erfindungen soll in der EU künftig noch einfacher werden. Das neue EU-Patent schützt dann Erfindungen in 25 der 27 EU-Staaten gleichzeitig. Es soll voraussichtlich 2014 starten. Rechtsstreitigkeiten sollen zukünftig in Düsseldorf verhandelt werden, weil hier die Gerichte viel Erfahrung mit der schwierigen Materie haben.

Deutschland ist Patentland. Nirgendwo sonst in Europa werden mehr Erfindungen geschützt als hierzulande. Laut Deutschem Patentamt wurden allein 2012 rund 60.000 Patente angemeldet – mehr als in Frankreich, Großbritannien, Italien und den Niederlanden zusammen. Künftig soll der Rechtsschutz für Erfindungen in der EU noch einfacher werden. Das neue EU-Patent, das voraussichtlich 2014 starten soll, schützt Erfindungen in 25 der 27 EU-Staaten gleichzeitig. Fachanwälte gehen davon aus, dass Firmen davon regen Gebrauch machen werden.

Bislang war es so: Wer eine Erfindung gemacht hatte und an Patentschutz in Ländern außerhalb Deutschlands interessiert war, brachte eine sogenannte europäische Patentanmeldung auf den Weg. Dafür waren allerdings noch weitere nationale Übersetzungen nötig. Außerdem fielen zusätzliche Gebühren in den jeweiligen Ländern an. „Waren ihre Hauptabsatzmärkte beispielsweise Deutschland, Frankreich und Benelux, so setzten sie das Europa-Patent nach Erteilung aus Kostengründen meist nur genau in diesen Ländern um“, sagt Hans W. von Rohr. Gemeinsam mit sieben Partnern betreibt der Diplom-Physiker eine große Patentanwaltskanzlei in Essen.

Verfahrenskosten sinken von 35.000 auf 5000 Euro

Von Rohr erwartet, dass Unternehmen das jetzt auf den Weg gebrachte neue EU-Patentverfahren intensiv nutzen werden, weil der Schutz eines Produkts oder Verfahrens in 25 von 27 EU-Staaten gleichzeitig greift. Denn wenn man bislang in den teilnehmen-den 25 EU-Staaten das Europa-Patent hätte umsetzen wollen, wären dabei allein schon schätzungsweise 35.000 Euro Amtsgebühren angefallen. Künftig sind es für das EU-Patent mit seiner Schutzwirkung in 25 EU-Staaten nur etwa 5000 Euro.

Mit der Einigung auf ein einheitliches EU-Patent hat ein fast 30 Jahre währendes Ringen ein Ende. Das EU-Patent muss in einer der drei Amtssprachen des Europäischen Patentamts – Englisch, Deutsch, Französisch – vorliegen. Der Kern des Patents muss auch in die beiden anderen Amtssprachen übersetzt sein. Alle anderen nationalen Übersetzungen entfallen – eine erhebliche Kostenersparnis, „die das neue EU-Patent auch im internationalen Vergleich wettbewerbsfähiger macht“, sagt von Rohr.

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25 von 27 EU-Staaten haben dem neuen EU-Patent zugestimmt. Nur Spanien und Italien widersetzten sich. Die Unterhändler der Mitgliedsstaaten wollten durchsetzen, dass die Patentschriften auch in Italienisch und Spanisch vorgelegt werden müssen, sind mit ihrer Forderung aber vor dem Europäischen Gerichtshof gescheitert. Das neue EU-Patent wird für die 25 teilnehmenden EU-Staaten vom Europäischen Patentamt in München erteilt und direkt in diesen Staaten gültig sein, obwohl das Patentamt keine EU-Einrichtung ist.

Kammern vor Ort für Streitfälle

Bis das neue EU-Patent starten kann, sind allerdings noch zahlreiche Fragen offen. Laut Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) gehe es nun darum, Anmeldeverfahren, Gebühren und Gerichtsbarkeit in Streitfällen nutzerfreundlich zu gestalten. Weil „das Pa-tent das wichtigste Schutzrecht für die Industrie“ sei, sagte BDI-Präsident Ulrich Grillo.

Nach den EU-Plänen ist vorgesehen, sogenannte „örtliche Kammern“ einzurichten, die Rechtsstreitigkeiten bearbeiten. Deutschland darf wohl aufgrund der Fülle von Patentverletzungsverfahren, die bereits jetzt schon hierzulande verhandelt werden, bis zu vier örtliche Kammern bestimmen. Gute Chancen haben Düsseldorf, Mannheim, München und Hamburg.

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Vor allem die Düsseldorfer Richter genießen unter Patentanwälten wegen ihres großen technischen Sachverstands einen sehr guten Ruf. Deshalb entscheiden sich auch zahl-reiche international tätige Unternehmen wie Apple, Samsung und Nokia dazu, Patentstreitigkeiten in der Landeshauptstadt durchzufechten. Pro Jahr sind es rund 600. Durch das neue EU-Patent könnten noch einige mehr dazu kommen. Auch deshalb – und um die Verfahrensdauer zu verkürzen – wurde kürzlich am Düsseldorfer Landgericht eine dritte Patentkammer auf den Weg gebracht.

Patentschutz ist oft Grundlage für Unternehmensgründungen

Wie wichtig ein Patent sein kann, verdeutlicht Hans W. von Rohr. 1982 betreute er als junger Patentanwalt einen Unternehmer, der Rollläden mit Motor entwickelt hatte. Volle 20 Jahre hatte das daraus entstandene Patent Bestand. Zahlreiche andere Firmen lizensierten das Produkt oder aber unterlagen mit ihren Nachahmerprodukten vor Gericht und mussten Schadenersatz leisten. Patentanwalt von Rohr: „Dieses Patent war Grundstein für den Aufbau eines Unternehmens mit 400 Mitarbeitern.“