Essen.. Tausende ehemalige Beschäftigte haben in den letzten Tagen Post von Thyssen-Krupp erhalten. Nach einer Welle von Überprüfungsanträgen zahlt der Technologie- und Stahlkonzern Betriebsrenten nach. Die Beträge fallen unterschiedlich aus – von wenigen bis zu 60 Euro pro Monat.

In Deutschland gibt es rund acht Millionen Betriebsrentner. Vielen von ihnen entging in den letzten Jahren der Inflationsausgleich, der ihnen gesetzlich zusteht. Zuletzt hatte Thyssen-Krupp Gerichtsverfahren verloren. Der Konzern hat deshalb seine Politik geändert und angekündigt, die Betriebsrenten alle drei Jahre an die Entwicklung der Teuerungsrate anzupassen, sollte die geschäftliche Lage dies zulassen.

Doch nicht nur Thyssen-Krupp hat Ärger mit seinen Pensionären. Organisationen wie der Bundesverband der Betriebsrentner (BVB) oder Betriebsrentner e.V. vertreten die Interessen ihrer Mitglieder und unterstützen sie dabei, ihre Rechte notfalls einzuklagen. Die Rentenanpassung sei eine Holschuld, meint BVB-Chef Karlheinz Große. „Jeder Betroffene muss sich selbst kümmern und den früheren Arbeitgeber nachrechnen lassen“, sagt er.

Anpassung um Preissteigerungsrate

Nach dem Betriebsrentengesetz sind Unternehmen dazu verpflichtet, alle drei Jahre die Höhe der Betriebsrenten zu überprüfen und in dem Maße zu erhöhen, wie die allgemeinen Preise steigen. Doch die Konzerne legen diese Vorschrift sehr unterschiedlich aus.

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Der Essener Technologie- und Stahlkonzern Thyssen-Krupp etwa erhöhte die Betriebsrenten bislang alle drei Jahre pauschal um drei Prozent. Der Kaufkraftverlust lag zuweilen aber deutlich höher. Ein Rentner von Thyssen-Krupp Uhde in Dortmund fühlte sich dadurch benachteiligt und bekam vor Gericht Recht (wir berichteten). Nach dem Urteil lenkte das Unternehmen ein und kündigte an, Nachzahlungen zu prüfen und fortan den Kaufkraftverlust auszugleichen. Angesichts der tiefroten Zahlen, die Thyssen-Krupp zuletzt schrieb, dürfte die Anpassung allerdings zunächst ausfallen.

Hoffnung auf Nachzahlung bei Thyssen-Krupp

Dennoch: Nachdem tausende Rentner einem Aufruf der Duisburger IG Metall gefolgt waren und individuelle Prüfaufträge ihrer Betriebsrenten in der Konzernzentrale in Auftrag gaben, dürfen sich viele zumindest Hoffnung auf Nachzahlungen machen. „Die Anpassungsprüfungen sind inzwischen abgeschlossen und die Rentner haben überwiegend ihre Anpassungsschreiben bereits erhalten oder werden sie in den kommenden Tagen bekommen“, sagte eine Thyssen-Krupp-Sprecherin dieser Zeitung.

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Jürgen Dzudzek, Chef der IG Metall in Duisburg/Dinslaken, ist zunächst zufrieden: „Thyssen-Krupp bearbeitet die Flut von Anträgen auf Neuberechnung ordentlich.“ Nähere Erkenntnisse darüber, wie der Konzern die Anpassung künftig regeln wird, erwartet er sich von einem Gespräch mit dem Vorstand, das schon zweimal verschoben worden und jetzt für den 11. Juni terminiert worden sei.

55 Prozent der Unternehmen passen gar nicht an

Ihre Rechte einfordern müssen aber nicht nur die ehemaligen Beschäftigten von Thyssen-Krupp. „Das ist eines der schwierigsten Themen in Deutschland“, sagt Heider Heydrich von Betriebsrentner e.V. Er kennt eine Studie des bayrischen Wirtschaftsministeriums, der zufolge 55 Prozent der Unternehmen die Betriebsrente gar nicht anpassen. „Das ist eine ganz üble Art“, ärgert sich Heydrich und nennt als Negativbeispiel den Daimler-Konzern. Auch die Experten von „Finanztest“ raten allen, die seit mehreren Jahren keine Erhöhung ihrer Betriebsrente verbuchen konnten, bei ihrem früheren Arbeitgeber nachzuhaken.

Kritik an Eon

Ein Dorn im Auge ist dem BVB auch Deutschlands größter Energiekonzern Eon. Er erhöht die Betriebsrenten jährlich pauschal um ein Prozent. Der Verein nennt die Anpassung „unzureichend“. Das Unternehmen betont indes, sich an die gesetzlichen Regelungen zu halten. Nach Angaben eines Eon-Sprechers habe es im Gegensatz zu Thyssen-Krupp dagegen bislang auch keine Widersprüche der Betroffenen gegeben.

Es gibt aber auch positive Beispiele: Der Energieriese RWE etwa überprüft jährlich die Höhe der Betriebsrenten seiner rund 50 000 Pensionäre. „Maßstab der gesetzlichen Prüfungspflicht ist für uns der Verbraucherpreisindex“, sagt Dirk Burghardt, Leiter Personal-Service der RWE Service. „Als Altersvorsorge halten wir die Betriebsrente hoch.“ Da im Laufe der Jahrzehnte eine Vielzahl von Unternehmen wie VEW oder Thyssengas in RWE aufgingen, gebe es im Konzern über 100 unterschiedliche Regelungen für Betriebsrentner.