Essen. Das Eisenbahnbundesamt bleibt im Streit um neue Achsen für Hochgeschwindigkeitszüge hart. Während die Bahn wegen massiven Fahrzeugmangels unter Zeitdruck steht, beharrt die Behörde auf einen Nachweis, dass die 1200 neuen Achsen für die 64 Triebfahrzeuge des Typs ICE 3 sicher und bruchfest sind.

Das Eisenbahnbundesamt bleibt hart. Trotz des massiven Fahrzeugmangels bei der Bahn und einer offenen Kritik von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) an der Behörde („Verhinderungsmaschinerie“) verlangt sie vom Staatskonzern den Nachweis, dass die nach dem Achsbruch 2008 in Köln beschafften 1200 neuen Achsen für die 64 Triebfahrzeuge des Typs ICE 3 sicher und vor allem bruchfest sind.

In einem Brief an die WAZ listet die Bonner Aufsichtsbehörde eine Reihe von konkreten und immer noch offenen Fragen im Zusammenhang mit dem Zulassungsverfahren der ICE-Achsen auf. So fehle der Nachweis der Bahn, „dass die Radscheibe ohne sich zu verdrehen sicher auf der Welle sitzt und das Rad sich bei Tempo 300 nicht löst“. Auch habe das Amt noch keine Unterlagen über „Versuche und Nachweise zur Bremsbewertung inklusive der Gleitschutzversuche“.

Neue Belastung für Bremsen und Fahrwerk durch schwerere Züge

Das Eisenbahnbundesamt weist in dem Brief darauf hin, dass die schnellsten Züge der Bahn AG inzwischen durch mehrere Veränderungen deutlich schwerer geworden und damit neue Belastungen für „Bremsen und Fahrwerk“ entstanden seien. Wörtlich: „Die neuen Bauteile sind schwerer als die alten und im Laufe der Einsatzzeit der Fahrzeuge sind, etwa durch Modernisierungsprogramme, auch immer wieder Veränderungen an den ICE 3 vorgenommen worden“.

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„Selbstverständlich teilt das Eisenbahnbundesamt das Interesse der Bahn, dass die neuen Radsatzwellen möglichst bald eingebaut werden können“, schreibt die Aufsichtsbehörde. Aber: Die Bahn habe aber dem Amt „zuletzt im April“ bestätigt, dass „die zwingend erforderlichen Sicherheitsnachweise, die sie selbst erbringen muss, noch nicht vorgelegt werden können“.

Damit unterstreicht das Bonner Bundesamt eine Position, die es schon nach dem Achsbruch des ICE 3 auf der Kölner Hohenzollernbrücke am 9. Juli 2008 eingenommen hat - dass dieser Zwischenfall nämlich zu einem „Unglück wie in Eschede“ hätte führen können.

Bahnchef Grube hatte sich erst jetzt bei Angehörigen des Unglücks von Eschede entschuldigt

In Eschede waren im Juni 2002 101 Fahrgäste in den Trümmern des nach einem Radbruch entgleisten ICE „Wilhelm Conrad Röntgen“ umgekommen. Bahnchef Rüdiger Grube hatte sich am Dienstag, dem 15. Jahrestag der Katastrophe, am Unglücksort erstmals für den Vorstand bei den Angehörigen der Opfer entschuldigt.

Das Eisenbahnbundesamt nimmt in dem Schreiben an die WAZ auch zu grundsätzlichen Fragen Stellung. Es warnt vor überhasteten Fahrzeugentwicklungen.

„Grundsätzlich ist es nicht hilfreich, wenn Unternehmen neue Fahrzeuge unter großem Zeitdruck entwickeln. Schließlich geht es um technisch sehr anspruchsvolle Produkte, an deren Sicherheit man zu Recht sehr hohe Anforderungen stellt“. In ihren Verträgen vereinbarten Hersteller und Besteller „oft nur eine Frist von zwei Jahren von der Bestellung bis zur Lieferung“. Das Amt mahnt: „Seriös lässt sich ein neues Fahrzeug in dieser Zeit nicht entwickeln, erproben, behördlich zulassen und produzieren“.