Essen. Die Rhein-Ruhr-Region ist im Bahnnetz verspätungsanfällig. Jeder fünfte ICE ist betroffen. Und der neue Talent-2-Zug gilt als pannenanfällig. Die Bahn baut am Netz – und jede Baustelle produziert neue Verzögerungen. Die Probleme im Überblick.
Bahnkunden an Rhein und Ruhr kennen das weiße Schriftband auf blauem Grund, das sie am Bahnsteig informiert: „Ca. 5 Min. später“. Es wird meist ein Regionalzug sein, der so angekündigt ist. Denn die sind recht pünktlich, weil sie überwiegend kurze Strecken bedienen. Anders als die Fernzüge. Jeder fünfte Intercity-Express ICE, dessen Weg oft über -underte Kilometer führt, fährt verspätet. 20 Prozent von insgesamt 667 535 Zügen im Jahr.
Das zeigt der Online-Verspätungsatlas der Süddeutschen Zeitung. Zum zweiten Mal haben Journalisten des überregionalen Blattes die tatsächlichen Fahrzeiten aller Züge der Bahn auf der Grundlage der Angaben des Unternehmens ausgewertet. Sie sind in der Lage, strecken- und bahnhofsgenau die Pünktlichkeit anzugeben.
ZugDie Bahn schwächelt in ihrem 36.000-Kilometer-Netz in drei bis vier Regionen besonders stark. Die Region Rhein-Ruhr ist eine davon. Die Durchschnittsverspätung liegt zwischen 13 und 15 Minuten.
Hagen hält traurigen Rekord
Am wenigsten pünktlich wird die Strecke von Köln über Wuppertal und Hagen nach Hamm bedient. Hagen ist der Hauptbahnhof, in dem 32 Prozent der Fernzüge verspätet ankommen oder abfahren. Ein trauriger „Rekord“. Wuppertal folgt mit 28,2 Prozent auf Platz 2. Die Ruhrgebietsstrecke ist dagegen schon besser. Bahnhöfe wie Duisburg, Essen, Bochum und Dortmund zeigen Verspätungsquoten von 20,8 Prozent (Dortmund) bis 24,7 Prozent (Essen). Duisburg liegt mit 21 Prozent im unteren Bereich, obwohl hier die verspätungsanfälligste Strecke abzweigt: Die über Oberhausen nach Arnheim in den Niederlanden. Der SZ-Monitor sagt, dass 37,7 Prozent der Verbindungen zu spät sind.
Doch auch bei den verspäteten Regionalzügen gibt es einen Spitzenreiter, den die Fahrgastorganisation ProBahn ermittelt hat: Die Linie 9 von Siegen via Köln nach Aachen.
Die Bahn baut
Wie kommt es zu Verspätungen? Die genannte Regionalzug-Linie hat besondere Probleme. Der neue Talent-2-Zug, der hier verkehrt, ist pannenanfällig. Ansonsten gilt, erstens: Das Netz ist voll. Zweitens: Es ist im Schnitt 100 Jahre alt und zeigt Verschleiß. Die Bahn baut also so viel wie nie zuvor – und jede Baustelle produziert neue Verzögerungen. Darüber redet das Staatsunternehmen durchaus, um die Ursachen unzufriedenen Kunden zu vermitteln.
Und Punkt vier ist fast ein Tabu: Jeden Tag suchen zwischen vier und sechs Menschen auf den Schienen den Tod. Durch staatsanwaltschaftliche Untersuchungen sind die Strecken Stunden blockiert.