Essen. Im Prinzip sind beide Geräte spitze, nur kostet unser Tablet gut 200 Euro weniger - das ist die Botschaft eines neuen Werbespots, in dem Amazon seinen Kindle Fire HD mit Apples iPad 4 vergleicht. Für deutsche Verhältnisse ist diese Art von Werbung so ungewohnt, dass man sich fragt: Dürfen die das?
So offensive Werbespots wie die neue Reklame von Amazon bekommen deutsche Fernsehzuschauer nur selten zu sehen: Was in den ersten Sekunden wie Werbung für das iPad von Apple daherkommt, entpuppt sich schnell als direkter Vergleich zweier Konkurrenzprodukte. "Fantastisches HD" auf dem iPad, "fantastisches HD" auf dem Kindle Fire, sagt eine Stimme aus dem Off, während gestochen scharfe Fotos von Blütenblättern und Feuerwerk über die Bildschirme beider Tablets gleiten. Allein das letzte Bild zeigt den Unterschied zwischen Kindle und iPad: Der Kindle ist gut 200 Euro günstiger.
Seit Kurzem gelangt dieser TV-Spot auch in deutsche Wohnzimmer, wo man vergleichende Werbung fast nie zu Gesicht bekommt. Nicht wenige dürften sich denn auch gefragt haben, ob diese Form der Reklame überhaupt rechtens ist. Die Antwort gibt das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, das nach einer Lockerung im Juli 2000 vergleichende Werbung auch in Deutschland einfacher macht. Oder besser: einfacher machen sollte.
"Vergleichende Werbung ist juristisches Glatteis"
Ein Kriterienkatalog regelt, unter welchen Bedingungen vergleichende Werbung in Deutschland erlaubt ist. So dürfen die Aussagen beispielsweise nur nachprüfbare Fakten wiedergeben und den Konkurrenten nicht verunglimpfen oder herabsetzen. Viele Unternehmen lassen dennoch lieber die Finger davon. "Der Kriterienkatalog ist so unklar, dass man sich bei vergleichender Werbung auf juristisches Glatteis begibt", sagt Volker Nickel, Sprecher des Zentralverbands der Deutschen Werbewirtschaft.
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Grundsätzlich sehe er größere Erfolgschancen darin, mit den eigenen Stärken zu werben. "Wenn bei dem Vergleich irgendetwas schräg oder missverständlich ist, bin ich am Ende der Dumme, weil der Verbraucher mir das negativ ankreidet. Oder er merkt sich möglicherweise nur das, was ich Gutes über den Mitbewerber sage", erläutert Nickel.
Mögliche rechtliche Folgen hat Amazon wohl umschifft, indem es die Werbebotschaft ein wenig abschwächt. "Wahrscheinlich können Sie gar keinen Unterschied erkennen", heißt es in dem neuen Spot vage, "aber ihr Portemonnaie ganz bestimmt."
Apple kann auch austeilen
Dass Apple juristisch gegen den Werbespot von Amazon vorgehen wird, dürfte ohnehin eher unwahrscheinlich sein. Die US-amerikanischen Unternehmen sind aus ihrer Heimat härtere Bandagen gewohnt. Apple selbst startete dort 2006 die "Get a Mac"-Kampagne, mit der es in TV-Spots die Vorzüge seines Betriebssystems "Mac OS X" gegenüber Microsofts "Windows" herausstellte. Statt die Technik zu vergleichen zielte Apple auf das Image des Konkurrenten ab. Die Botschaft: Der altbackene PC-Nutzer wirkt gegen den hippen jungen Mac-Besitzer lächerlich und aus der Zeit gefallen.
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In eine ähnliche Richtung stößt auch der Werbespot, in dem Audi im Jahr 2008 Mercedes aufs Korn nahm - wenn auch auf etwas dezentere Weise. In dem "Progress is Beautiful"-Spot, der unter anderem während der Übertragung der olympischen Eröffnungsfeier im US-Fernsehen lief, verwandelt sich eine bieder wirkende Wohnung in ein modern eingerichtetes Zuhause. Und aus dem in der Einfahrt geparkten Mercedes wird - ein Audi.
McDonald's gegen Burger King
Immerhin: Auch hierzulande liefern sich Unternehmen manchmal amüsante Werbeschlachten. Um die Jahreswende 2002/2003 traten die Fast-Food-Giganten McDonald's und Burger King zum Duell an. Big Mac gegen Doppel Whopper. Den Anfang machte Burger King, indem es in einem TV-Spot eine Blondine am McDrive vorfahren ließ. Auf die Frage an den Mitarbeiter am Schalter, was er denn am liebsten esse, bekam sie die Antwort: "Ich esse hier nicht, ich arbeite hier."
Die Retourkutsche folgte prompt. "Liebe Burger Kings, wenn ihr als Nummer 2 so toll seid, wie ihr immer behauptet, warum seid ihr dann nicht die Nummer 1?", fragte McDonald's in einer Anzeige, die bei Burger King offenbar wenig Eindruck machte. Sie antworteten, indem sie Teile derselben Anzeige schwärzten. Übrig blieb: "Liebe Burger Kings, warum seid ihr die Nummer 1?", versehen mit dem Zusatz: "Weil's besser schmeckt."
Bei solchen Beispielen wünscht man sich doch fast, Apple möge zum amüsanten Gegenschlag ausholen.