Berlin. . Das „Schwarzbuch Kohlepolitik“ von Greenpeace hat für viel Aufsehen gesorgt: Es zeigt, wie Kohle-Lobbyisten Einfluss auf fast fünfzig Politiker nehmen. Die Kohlebranche ist freilich keine Ausnahme: Auch die Vertreter der Öko-Energie wissen, wie man Gesetzgebung nach den eigenen Vorstellungen erreichen kann.
Im Lobby-Staat Deutschland hat die Wirtschaft oft verdeckten Einfluss auf die Politik. Diesen Eindruck untermauerte die Umweltorganisation Greenpeace kürzlich mit dem „Schwarzbuch Kohlepolitik“. Greenpeace nennt NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) und 44 weitere Politiker, die sich angeblich für die Interessen der Stein- und Braunkohlewirtschaft stark machen.
Verflechtungen und Netzwerke zwischen Wirtschaft und Politik gibt es aber auch in anderen Branchen, den Erneuerbaren Energien etwa. Der Bundesverband der Erneuerbaren Energien (BEE), eine Lobby-Organisation der Ökoenergie, verfügt über einen Parlamentarischen Beirat, zu dessen Sitzungen 72 Bundestagsabgeordnete eingeladen werden – 12 Prozent aller Parlamentsmitglieder. Dazu gehören Thomas Bareiß, Koordinator der Energiepolitik der Union im Bundestag, SPD-Fraktionsvize Ulrich Kelber, Horst Meierhofer, FDP–Obmann im Umweltausschuss, und der Grüne Hans-Josef Fell, ein exponierter Wortführer der schnellen Energiewende.
Diese Politiker sind keine Befehlsempfänger des Ökoenergie-Dachverbandes, der die Interessen der entsprechenden Unternehmen vertritt. Jedoch findet während der Treffen ein reger Austausch statt. Der BEE sagt den Abgeordneten, welche Maßnahmen er begrüßen würde, die Volksvertreter erläutern den Wirtschaftslobbyisten, was machbar ist. So entstehen Nähe, Vertrauen und Einflussnahme.
Einflussnahme geschieht nicht durch Geld
Geld ist beim BEE-Beirat wohl nicht im Spiel. Ihre Mitwirkung sei ehrenamtlich, ist auf den Internetseiten des Bundestages über Abgeordnete wie Kelber und Fell zu lesen. Auf der Liste großer Parteispender taucht der BEE auch nicht auf. Einige Ökoenergie-Firmen wie etwa IBC Solar oder Juwi haben zwar in der Vergangenheit fünfstellige Euro-Beträge an Union, SPD oder Grüne gespendet, das ist jedoch wenig im Vergleich zu den Überweisungen, die Bundestagsparteien von den Verbänden der Metall- und Elektroindustrie, BMW oder Daimler erhalten.
Trotzdem gelingt es auch den Öko-Lobbyisten, politische Entscheidungen zu beeinflussen, die nicht unbedingt im Interesse der Allgemeinheit liegen. Die jahrelange sehr großzügige Förderung für Solarstrom ist ein viel diskutiertes Beispiel. Und gerade erst hat die Regierungskoalition ein neues Förderprogramm für Batteriespeicher kleiner Photovoltaikanlagen in Kraft gesetzt. Kosten: 50 Millionen Euro bei der öffentlichen KfW-Bankengruppe plus einige Millionen beim Bundesumweltministerium.
Experten kritisiert Maßnahme als „Unsinn“
Energieexperte Felix Matthes vom Öko-Institut – ein Befürworter der Energiewende – hält dieses Programm für „Unsinn“. Weil die geförderten Stromspeicher nicht in das Elektrizitätsnetz integriert seien, trügen sie kaum etwas zur Stabilität der Energieversorgung bei. Macht nichts – der BEE und der Bundesverband Energiespeicher (BVES), ein weiterer Unternehmens- und Lobbyverband der Ökobranche, finden das Programm toll.
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Wie persönliche Bekanntschaften zwischen Unternehmern und Politikern deren Entscheidungen beeinflussen können, mag auch der Fall der Firma Solarworld zeigen. Die folgende Geschichte ist nicht bewiesen, wird aber von Insidern immer wieder berichtet.
Beispiel Solarworld
Sie geht so: Solarworld-Chef Frank Asbeck, seit Jahren gut bekannt mit Außenminister Guido Westerwelle (FDP) und dem damaligen Umweltminister Norbert Röttgen (CDU), sei es 2012 gelungen, die Förderkürzungen für Solaranlagen zu beeinflussen. Große Photovoltaik-Kraftwerke hätten kein Geld mehr bekommen, kleine Anlagen seien weiter bezuschusst worden, wenn auch weniger als vorher. Hintergrund: Asbecks Solarworld stellt vor allem die Technik für die kleinen Kraftwerke her. Das Unternehmen bestreitet einen solchen Zusammenhang.