Ein Apotheker-Lobbyist verschafft sich durch den Klau von Daten offenbar Informationen aus dem Gesundheitsministerium. Das ist kriminell und schreckt selbst eine Branche auf, die für den Kampf mit harten Bandagen bekannt ist. Rund 5000 Lobbyisten sollen in Berlin die Politik umschwirren und umgarnen, um Gesetzesvorhaben für ihre jeweiligen Auftraggeber in die annehmbarste Richtung zu dirigieren. Lobby-Arbeit ist zunächst nichts Verwerfliches; es ist nicht unredlich, wenn gesellschaftliche Gruppen oder wirtschaftliche Branchen versuchen, ihren Einfluss bei der Politik geltend zu machen. Es hat – theoretisch – auch etwas mit politischer Willensbildung zu tun, wenn Abgeordnete sich von Fachleuten beraten lassen.

Aber: Lobbyismus in Deutschland ist erstens intransparent und zweitens geprägt von einem Machtungleichgewicht. Diejenigen, die über viel Geld verfügen, also Unternehmen und Wirtschaftsverbände, können die meisten und besten Einflüsterer rekrutieren. Im Gesundheitswesen, dem wohl am heftigsten von Lobbyisten durchdrungenen Politikfeld und 200-Milliarden-Markt, ist das besonders augenfällig: Pharma-Industrie, Ärzte, Kassen, Privatversicherer und Apotheker ringen recht erfolgreich um ihre Pfründe, Patientenverbände haben dagegen wenig Einfluss.

Selten hat ein Politiker es so freimütig auf den Punkt gebracht wie Horst Seehofer. Der heutige bayerische Ministerpräsident hatte in seiner Zeit als Bundesgesundheitsminister in den neunziger Jahren versucht, eine Positivliste einzuführen; also eine Liste von Medikamenten, deren therapeutischer Nutzen bewiesen ist. Nur solche Medikamente sollten von den Kassen bezahlt werden. Die Pharmalobby lief dagegen Sturm. Erfolgreich, eine solche Liste gibt es bis heute nicht. „Sinnvolle, strukturelle Veränderungen im deutschen Gesundheitswesen sind nicht möglich wegen des Widerstands der Lobbyverbände“, räumte Seehofer später ein. Das war 2003. Geändert hat sich daran bis heute so gut wie nichts.

Jenseits des aktuellen und besonders krassen Vorgangs, der einer strafrechtlichen Aufarbeitung bedarf, gilt: In die Schattenwelt des Lobbyismus muss Licht. Die Bürger haben ein Recht darauf zu erfahren, wer auf ihre Vertreter im Parlament einwirkt und welchen Einfluss Lobbyisten auf Gesetzgebungsverfahren haben. Zumindest sollte es in Deutschland ein Lobbyregister geben, wie in beispielsweise in den USA. Das wäre ein Anfang.