Düsseldorf. . Der Essener Chemiekonzern Evonik ist nun an der Börse. Im Interview erläutert Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), wo er Chancen und Risiken des Evonik-Börsengangs sieht und was er privaten Anlegern rät.
Nach missglückten Anläufen hat der Essener Chemiekonzern Evonik nun einen erfolgreichen Börsenstart geschafft. Die Evonik-Aktie ging am Donnerstag mit einer Erstnotiz von 33 Euro in den Handel. Im Gespräch mit der WAZ Mediengruppe erläutert Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), wo er Chancen und Risiken des Evonik-Börsengangs sieht und was er privaten Anlegern rät.
Der Börsengang von Evonik ist der bislang größte des Jahres. Aber anders als bei Telekom, Infineon oder Post kommen zunächst einmal nur Profi-Investoren zum Zug. Was heißt das für Privat-Anleger?
Marc Tüngler: Wir erleben einen Börsengang durch die Hintertür. Zunächst einmal übernehmen Investoren die Anteile direkt, erst danach kommt die Börsennotierung. Damit spart sich Evonik ein öffentliches Angebot mit entsprechend großem Aufwand. Sobald der Handel der Aktie eröffnet wird, ist Evonik aber ein normales Papier wie Bayer, BASF, Eon oder RWE. Dann können auch private Anleger einsteigen.
Wo liegen Chancen und Risiken?
Tüngler: Evonik ist ein unglaublich erfolgreiches Unternehmen und als hoch spezialisierter Chemiekonzern in einigen Bereichen die Nummer eins weltweit. Davon können natürlich auch Anleger profitieren. Ich denke, wer mit einem Einstieg liebäugelt, sollte nicht gleich am ersten Tag kaufen, sondern zunächst einmal schauen, wie sich die Aktie entwickelt.
Womit ist in Zukunft zu rechnen?
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Tüngler: Klar ist schon jetzt, dass sich die Evonik-Eigentümer RAG-Stiftung und CVC von weiteren Aktien trennen wollen. Die Stiftung will Erlöse erzielen, um die Folgekosten des Bergbaus zu finanzieren. CVC möchte als Finanzinvestor Kasse machen. Aktienverkäufe sind immer ein gewisses Risiko für den Kurs. Im Fall Evonik muss das kein größeres Problem sein, aber Anleger sollten wissen, wie die Perspektive ist. Aber noch einmal: Evonik ist ein tolles Unternehmen mit großem Potenzial.
Evonik wählt den Weg an die Börse durch die Hintertür, nicht den Vordereingang. Ging es auch darum, die großen Investmentbanken links liegen zu lassen, die bei Börsengängen meist ein lukratives Geschäft wittern?
Tüngler: Das dürfte durchaus eine Rolle gespielt haben. Ohne ein öffentliches Angebot fällt der von den Investmentbanken betriebene Hype um die Bewertung der Aktie aus. Die Ansprüche der Investmenthäuser sind in den vergangenen Jahren größer geworden. Es wurden von den Banken zum Teil hochprozentige Abschläge auf die Aktien gefordert, um einen guten Schnitt zu machen. Diese Marktmechanismen werden im Fall Evonik ausgehebelt. Ich kann mir gut vorstellen, dass dieses Vorgehen Vorbildcharakter für weitere Börsengänge haben wird.