Essen. In der Wirtschaft gibt es einige Unternehmen, die sich mit Verstößen gegen Mindestlöhne Wettbewerbsvorteile verschaffen wollen. Eine Bilanz der Bundesregierung für das Jahr 2012 verzeichnet allein für die Bauwirtschaft Ermittlungen in 1690 Fällen von Mindestlohnunterschreitung. Wir beantworten, wie der Staat dagegen kämpft und wie Arbeitnehmer sich wehren können.

Nach einem Pressebericht der "Süddeutschen Zeitung" werden Mindestlöhne nach wie vor nicht bezahlt. Dies zeige eine ihr vorliegende Bilanz der Bundesregierung für das Jahr 2012. Allein in der Bauwirtschaft soll in 1690 Fällen ermittelt werden, weil der Mindestlohn nicht bezahlt wurde.

Wer kontrolliert die Einhaltung von Mindestlöhnen?

Dafür ist der Zoll verantwortlich, der dem Bundesfinanzministerium untersteht. Grundlage für die Bekämpfung von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung ist das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG). In der Praxis laufen die Fäden bei der Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) zusammen. Bei der FKS sind jedoch 495 Stellen rechnerisch unterbesetzt, wie Manuel Emmler, Mitarbeiter der Grünen-Fraktion im Bundestag, mitteilt. Das heißt, dass wesentlich mehr Fälle überprüft werden könnten, wenn das Personal vorhanden wäre.

Klaus H. Leprich, Vorsitzender der Deutschen Zoll- und Finanzgewerkschaft (BDZ), ergänzt: "Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit war ursprünglich für die Kontrolle der Schwarzarbeit konzipiert." Die Kontrolle der Mindestlöhne sei hinzu gekommen, ohne dass neue Stellen geschaffen wurden.

Wie kann ein Arbeitnehmer sich wehren, wenn sein Arbeitgeber den Mindestlohn unterläuft?

Er kann den Arbeitgeber bei der FKS anzeigen, dann folgt ein Ordnungswidrigkeitsverfahren, das möglicherweise auf ein Bußgeld für den Arbeitgeber hinausläuft. Außerdem kann er sich an die Deutsche Rentenversicherung wenden, weil zu wenig Sozialbeiträge gezahlt werden, so Manuel Emmler. Die Rentenversicherung kann eine Betriebsprüfung veranlassen und ein Strafverfahren gegen den Arbeitgeber anstrengen. Dann droht eine Haftstrafe für den Arbeitgeber.

Muss ein Arbeitnehmer Furcht davor haben, Arbeitgeber anzuzeigen, die zu wenig zahlen?

Die Hürde sei extrem hoch, so Emmler: „Man beißt nicht in die Hand, die einen füttert.“ Bei einem der Anzeige folgenden Verfahren könnten die Namen der Arbeitnehmer fallen. Außerdem wird der Staat nicht automatisch tätig, weil das Unterschreiten des Mindestlohns nur eine Ordnungswidrigkeit ist. Wenn der Arbeitnehmer sich allerdings wegen zu geringen Sozialbeiträgen an die Rentenversicherung wendet, muss ermittelt werden.

Wie versuchen Arbeitgeber, die Mindestlöhne zu umgehen?

Nach Angaben des Zolls sind Verstöße gegen das Arbeitnehmer-Entsendegesetz, das für einige Branchen Mindestlöhne garantiert, an der Tagesordnung. Um Kosten zu drücken und ihre Gewinne zu steigern, üben einige Firmen Druck auf ihre Beschäftigten aus. Diese geben offiziell den Mindestlohn an, obwohl sie tatsächlich deutlich weniger für ihre Arbeit bekommen. Oder als geringfügig beschäftigt gemeldete Arbeitnehmer arbeiten mehr, so dass tatsächlich der Mindestlohn gar nicht gezahlt wird. Auch werden von Firmen gerne Stundenaufzeichnungen manipuliert, die dem Zoll bei Kontrollen vorgelegt werden müssen.

Eine weitere Methode den Mindestlohn zu umgehen, so erklärt Klaus H. Leprich, seien Werkverträge: "Die werden teilweise geschlossen aber nicht gelebt." Bei einem Werkvertrag, der als solcher gelten darf, dürfe der Arbeitnehmer zum Beispiel nicht weisungsgebunden und auch nicht mit Hilfmitteln tätig sein, die vom Arbeitgeber gestellt werden.

Welche Bußgelder drohen den Arbeitgebern, wenn sie den Mindestlohn unterschreiten?

Hier ist die Spanne groß. Je nach Kooperation, Anzahl der Arbeitnehmer, die um ihren Mindestlohn gebracht wurden und Tatbestand reichen die Bußgelder im Rahmen des Schwarzarbeitsgesetzes von 1000 Euro bis zu 50.000 Euro. Insgesamt mussten Arbeitgeber im Jahr 2012 rund 16 Millionen Euro Bußgelder zahlen. (mit dpa)