Frankfurt/Main. Die Commerzbank-Aktionäre winken eine Kapitalerhöhung durch - und stellen somit die Weichen für die Zukunft ohne Staat. Die Commerzbank stellt die Weichen für eine Zukunft ohne Staat. Die Wut der Kleinaktionäre ist groß, sie müssen erneut Milliarden in die Bank stecken. Harsche Kritik am Management ändert den Kurs nicht.
Die Commerzbank-Hauptversammlung hat den Weg für den allmählichen Ausstieg des Staates aus dem Dax-Konzern freigemacht. Die Aktionäre billigten am Freitag die Pläne für eine erneute Kapitalerhöhung, wie das Frankfurter Institut am Abend mitteilte.
Damit kann die Commerzbank neue Aktien im Volumen von 2,5 Milliarden Euro ausgeben und mit dem Erlös die restlichen Rettungsgelder des Bankenrettungsfonds Soffin zurückzahlen. Der Soffin will in der Folge seinen Aktienanteil von 25 Prozent auf unter 20 Prozent senken. Damit gibt der deutsche Staat sein Recht zur Blockade wichtiger Entscheidungen (Sperrminorität) auf.
Viele Kleinaktionäre trugen die Kapitalpläne nicht mit, weil ihre Anteile weiter verwässert werden. "Wir haben Ihre Kapitalvernichtung endgültig satt, die unter stiller Duldung des Staates stattfindet", schimpfte Aktionär Karl-Walter Freitag bei der Hauptversammlung unter dem Jubel von vielen der 4400 anwesenden Anteilseigner. Wolfgang Aleff von der Gesellschaft für Wertpapierinteressen bilanzierte mit Blick auf die vergangenen Jahre: "Dass Aktionäre nicht mehr jubelnd die Brieftaschen aufreißen, ist verständlich."
Commerzbank schockte Aktionäre mit neuen Hiobsbotschaften
Seit der Übernahme der Dresdner Bank mitten in der Finanzkrise 2008 hat die Commerzbank zu kämpfen. Die optimistische Gewinnplanung für 2012 hatte das Management bereits kassiert, am Ende blieb für das vergangene Jahr gerade noch ein Mini-Konzernüberschuss von 6 Millionen Euro (Vorjahr: 638 Millionen Euro).
Am Freitag schockte die Commerzbank ihre Aktionäre mit neuen Hiobsbotschaften und dämpfte die Hoffnung auf eine schnelle Trendwende. Zum Jahresauftakt 2013 gab es aller Voraussicht nach unter dem Strich rote Zahlen, weil das Institut im ersten Quartal knapp 500 Millionen Kosten für den geplanten Abbau tausender Stellen verbucht. Operativ sei die Bank "solide" gestartet, beruhigte Konzernchef Martin Blessing die Aktionäre.
Die Aussichten seien angesichts der schwelenden Euro-Schuldenkrise allerdings trübe. 2013 verspreche "insgesamt kein einfaches Jahr zu werden", sagte Blessing. "Die Ergebnissituation der gesamten Branche wird herausfordernd bleiben." Frühestens 2014 soll sich der Konzernumbau auszahlen. Bis 2016 will die Bank 4000 bis 6000 Vollzeitstellen kappen - ein Fokus ist das Privatkundengeschäft.
"Wir trauen diesem Management nicht"
Dass der seit der Finanzkrise 2008/2009 teilverstaatlichte Dax-Konzern den Bund als Großaktionär allmählich abschütteln und sich so auch mehr Freiraum für Dividenden verschaffen will, besänftigte viele Anteilseigner nicht. "Wir trauen diesem Management nicht, dazu haben Sie mit Ihrem Marketingdeutsch in den vergangenen Jahren zu sehr enttäuscht. Herr Blessing, bei allem Respekt: Uns reicht's!", kritisierte Klaus Nieding von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW).
Im Rahmen der erneuten Kapitalmaßnahmen sollen zunächst die Aktien im Verhältnis 10:1 zusammengelegt werden. Das soll verhindern, dass das Papier, das seit gut eineinhalb Jahren zwischen einem und zwei Euro notiert, unter einen Euro fällt. Denn dann wäre eine Kapitalerhöhung unmöglich. In einem zweiten Schritt ist die Ausgabe neuer Aktien im Volumen von 2,5 Milliarden Euro vorgesehen. Die Platzierung der Anteile ist von Investmentbanken bereits garantiert, über die Bühne gehen soll das Geschäft im Mai/Juni.
Bund war mit 18,2 Milliarden Euro bei der Commerzbank eingestiegen
Mit dem frischen Geld will die Commerzbank sowohl die restlichen Hilfsgelder des staatlichen Rettungsfonds Soffin (1,63 Mrd Euro) als auch die Stille Einlage des Versicherungskonzerns Allianz (750 Mio Euro) zurückzahlen. Der Bund war 2008/2009 mit 18,2 Milliarden Euro bei Deutschlands zweitgrößtem Geldhaus eingestiegen. Der Löwenanteil von 16,4 Milliarden war eine Stille Einlage.
Blessing erklärte, die verbliebenen Hilfen müssten durch hartes Kernkapital ersetzt werden: "Ganz gleichgültig, ob aus erwirtschafteten Gewinnen oder im Rahmen einer Kapitalerhöhung: Es wird stets um Mittel gehen, auf die der Aktionär in der einen oder anderen Weise verzichten muss."
Der am Freitag beschlossene Schritt sei der "Einstieg in den Ausstieg des Staates" und eröffne zudem Spielraum für Dividenden, sagte Blessing. "Gerade dieser Faktor ist für Sie als Aktionäre von großer Relevanz." Eine Gewinnausschüttung an die Anteilseigner hat es bei der Commerzbank seit fünf Jahren nicht mehr gegeben. Auch für 2013 wird es mit ziemlicher Sicherheit keine Dividende geben.