Frankfurt/Main. Die Commerzbank hat die Anleger mit überraschend schlechten Zahlen geschockt. Im vierten Quartal des vergangenen Jahres machte der Konzern einen Verlust von rund 720 Millionen Euro, wie die Commerzbank am Montag in Frankfurt am Main früher als geplant berichtete.

Ihre Neuausrichtung auf bescheidenere Ziele kommt die Commerzbank teuer zu stehen. Abschreibungen haben Deutschlands zweitgrößter Bank im vergangenen Jahr erneut die Bilanz verhagelt, und infolge des geplanten Abbaus von bis zu 6000 Arbeitsplätzen geht sie auch ins neue Jahr mit einer Hypothek von einer halben Milliarde Euro.

2012 schleppte sich die Bank gerade noch über die Null-Linie, weil der Verkauf der ukrainischen Bank Forum und der Wegfall von erwarteten Steuervorteilen fast eine Milliarde Euro verschlangen, wie das Unternehmen am Montag mitteilte. Unter dem Strich blieb nur ein Gewinn von sechs Millionen Euro übrig. Ein Jahr zuvor waren es noch 638 Millionen gewesen.

Bank kann zum ersten Mal die fälligen Zinsen auf Staatshilfen zahlen

Trotzdem kann die Bank nach eigenen Angaben zum ersten Mal nach vier Jahren die fälligen Zinsen auf die Staatshilfen zahlen, mit denen der Bund sie nach der Übernahme der Dresdner Bank 2008 aufgefangen hatte. Der staatliche Bankenrettungsfonds SoFFin darf mit einer Überweisung von rund 150 Millionen Euro rechnen.

Die Zinsen auf die Stille Einlage, die inzwischen um 90 Prozent auf 1,6 Milliarden Euro geschrumpft ist, werden nur dann fällig, wenn die Commerzbank nach deutschem Handelsrecht (HGB) ausreichend schwarze Zahlen schreibt. Seit 2009 hatte sie auf dieser Basis stets Verluste erwirtschaftet, auch wenn nach dem internationalen Bilanzstandard IFRS Gewinne zu Buch standen. 2012 fällt der HGB-Gewinn wieder höher aus, unter anderem weil sich der Rückkauf von Hybrid-Papieren auszahlte.

Bescheidenere Langfristziele

Hintergrund für den Löwenanteil der Sonderabschreibungen sind die neuen, deutlich bescheideneren Langfrist-Ziele, die Commerzbank-Chef Martin Blessing der Bank im November gegeben hatte. Deshalb kann sie nun Steuervorteile nicht mehr nutzen, die sich aus den Milliardenverlusten der Vergangenheit etwa bei ihrem Immobilienfinanzierer Eurohypo ergeben hatten. Vor allem dort hatten 2011 noch zwei Milliarden Euro an Verlustvorträgen in der Bilanz gestanden.

Doch einige Sparten der Bank werden nach den neuen Planungen in den nächsten Jahren nicht mehr so viel Geld verdienen, dass die Commerzbank die Verlustvorträge beim Finanzamt gegenrechnen kann. Allein hierfür muss sie 673 Millionen Euro in den Wind schreiben. Die Commerzbank hatte im Sommer beschlossen, das Immobilien- und das Schiffskredit-Geschäft einzustellen. Weitere 268 Millionen Euro kostete der Ausstieg bei der Bank Forum, die Ende Juli mit Verlust an die ukrainische Industrie-Holding Smart Group verkauft worden war.

Analysten hatten Steuer-Abschreibungen nicht einkalkuliert

Analysten hatten die massiven Steuer-Abschreibungen nicht einkalkuliert; sie waren im Mittel nur von knapp 300 Millionen statt 720 Millionen Euro Verlust im vierten Quartal ausgegangen. Auch die 500 Millionen Euro, die die Bank nach ersten Berechnungen in diesem Jahr für die Kosten ihres großangelegten Stellenabbaus reserviert, überraschten die Experten. "Der Trend negativer Überraschungen hält an", schrieb DZ-Bank-Analyst Christoph Bast in einer ersten Reaktion. Die Commerzbank-Aktie fiel um 4,4 Prozent auf 1,54 Euro.

Die Bank hatte im Januar angekündigt, im Zuge des Umbaus vor allem im Privatkundengeschäft und in der Verwaltung 4000 bis 6000 Arbeitsplätze zu streichen. Die Verhandlungen darüber mit dem Betriebsrat sollen nach den Vorstellungen des Vorstands noch im Februar beginnen. Sie dürften sich über Monate hinziehen. Die Neuausrichtung folgt der Erkenntnis, dass sich im Geschäft mit den mehr als elf Millionen Privatkunden kaum Geld verdienen lässt.

Im operativen Geschäft kam die Commerzbank 2012 nur bei den Kosten voran. Im vierten Quartal fiel wegen der Abschreibungen allein ein Verlust von 720 Millionen Euro an - doch auch ohne die Einmaleffekte hätten mit rund 50 Millionen Euro rote Zahlen zu Buche gestanden. Im Gesamtjahr fraßen die Abschreibungen den operativen Gewinn von 1,2 (2011: 0,5) Milliarden Euro fast ganz auf. Während die Erträge bei 9,9 Milliarden Euro stagnierten, drückte die Bank die Kosten um fast eine Milliarde auf sieben Milliarden Euro. Auf diesem Niveau sollen sie trotz Inflation auch bis 2016 bleiben. Die Risikovorsorge stieg wegen der sich verlangsamenden Konjunktur wie erwartet auf 1,7 (1,4) Milliarden Euro. (rtr/dapd)