Den Haag. Die niederländischen Behörden haben bei ihrer Untersuchung des Pferdefleischskandals ein europaweites Betrugsnetz freigelegt. Der Großhändler Willy Selten steht im Zentrum der Ermittlungen, die immer größere Kreise ziehen.

Bei den Ermittlungen zum Pferdefleischskandal sind die niederländischen Behörden "betrügerischen Handelskanälen" in Europa auf die Spur gekommen. In den Niederlanden werde gegen drei Unternehmen ermittelt, teilten das Gesundheits- und das Landwirtschaftsministerium in einem am Samstag veröffentlichten Brief an das Parlament mit. Der Hauptverdächtige, der Großhändler Willy Selten, vermischte möglicherweise das Fleisch Tausender Pferde mit Rindfleisch.

Nach dem Bericht der Ministerien hatte der Händler Fleisch falsch als reines Rindfleisch deklariert und verkauft, obwohl es Pferdefleisch enthielt. Der Generalinspektor der niederländischen Kontrollbehörde für Lebensmittel, Harry Paul, sagte am Freitagabend im niederländischen Fernsehen, in 20 Prozent der untersuchten Proben des Großhändlers sei Pferdefleisch gefunden worden. "Wir schließen nicht aus, dass es um Tausende Pferde geht."

Qualität des Fleisches nie kontrolliert

Bei den nun zurückgerufenen 50 000 Tonnen Fleisch sei unbekannt, ob es kontrolliert worden sei, Reste von Medikamenten enthalte oder von kranken Tieren stamme, sagte Paul. Da der Unternehmer die Herkunft seiner Ware seit 2011 nicht nachweisen konnte, hatte die Behörde die gesamte Produktion von zwei Jahren aus insgesamt 16 europäischen Ländern zurückgerufen, darunter auch Deutschland. Bundesweit sind nach Angaben des Verbraucherministeriums vom Samstag bislang 124 betroffene Betriebe bekannt.

Der Anwalt des Händlers wies die Vorwürfe zurück. Nur einmal sei versehentlich Pferd mit Rind vermischt worden, sagte Frank Peters dem TV-Sender NOS.

Verbindungen zum Skandal in Frankreich

Die beiden Ministerien berichten, Kontrolleure hätten bei der flächendeckenden Überprüfung von Fleischbetrieben im Februar im Osten des Landes ein weiteres verdächtiges Unternehmen entdeckt. In einer Lagerhalle fanden sie demnach acht Lieferungen Fleisch aus Polen, das mit Pferdefleisch vermischt war. In zwei Proben wurden Reste von Pferde-Antibiotika gefunden. Ein großer Teil des für den Verzehr ungeeigneten Fleisches wurde nach Angaben der Ministerien aus dem Handel geholt.

Nach Hinweisen polnischer Behörden wurden weitere drei Ladungen falsch deklariertes Fleisch entdeckt, wie es weiter hieß. Ein Teil davon wurde nach Deutschland geliefert. Die deutschen Behörden seien informiert worden. "Die Umdeklarierung des Fleisches findet irgendwo auf der Linie Polen-Niederlande statt", teilten die Ministerien mit.

Auch ein dritter Händler in Breda steht unter dem Verdacht, Rindfleisch falsch deklariert zu haben. Dabei gebe es Verbindungen zum französischen Pferdefleischskandal, heißt es in dem Brief. (dpa)