Berlin. . Stuttgart 21, marode Weichen, zu wenig Züge: Rüdiger Grube hat in diesem Jahr eine Menge zu tun. Der Chef der Deutschen Bahn will die Hoheit über das Schienennetz behalten, die EU-Kommission will es ihm wegnehmen. Sie erhofft sich davon mehr Wettbewerb.
Die Hauptstadt feierte den 50. Jahrestag des Elysee-Vertrages. Die mächtigen Bahnmanager Rüdiger Grube und sein französischer Kollege Guilleaume Pepy nutzten den Auftrieb zu einer klaren gemeinsamen Ansage: Die Staatsbahnen DB und SNCF müssen stark bleiben – und die Regie über ihre Schienennetze behalten. Nach drei Jahren an der Konzernspitze tun sich für Grube weitere Baustellen auf: der Zustand der Schienenwege, die Flotte, die Finanzen. Besonders drängend: Was passiert in Stuttgart? Die Details:
Die Netze
Die EU-Kommission misstraut den Staatsbetrieben und will deren Zerschlagung, um des fairen Wettbewerbs Willen. In spätestens zehn Jahren sollen nach der Brüsseler Vorstellung die Netze – in Deutschland sind das 33.400 Kilometer Schiene, 72 000 Weichen, 27 000 Brücken und 5000 Bahnhöfe – an eine neutrale Stelle übergeben sein, um allen Bahnunternehmen auf dem Kontinent gleichen Zugang zu gewähren. Denn heute müssen Privatbahnen an die Deutsche Bahn zahlen, um im Netz fahren zu können. Grube glaubt aber, eine Trennung werde schon an einem kalten Wintertag ins Chaos führen. Gerade dann seien enge Absprachen zwischen Betriebsleitern der Züge und der Schienenwege unabdingbar. Eine Trennung von Netz und Betrieb sei unverantwortlich. „Alles andere wäre für ein funktionierendes Eisenbahnsystem ein Abenteuer“, sagt Grube an die Adresse der EU-Kommission. Er hat Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hinter sich. Deutsche und französische Regierung haben die EU-Entscheidung erst einmal auf die lange Bank geschoben.
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Stuttgart 21
Die nächsten Monate sind entscheidend für das umstrittene Projekt. 4,5 Milliarden Euro sollte der seit 15 Jahren geplante Tiefbahnhof kosten. Jetzt stellt sich heraus, dass er um 1,1 Milliarden Euro teurer wird. Mindestens. Weitere 1,2 Milliarden sollen als Sicherheitsreserve eingeplant werden. Grube will, dass das Unternehmen die 1,1 Milliarden Euro selbst bezahlt. Entscheiden muss darüber der Bahn-Aufsichtsrat am 21. Februar. Der hat dem Bahnvorstand einen Katalog mit 135 Fragen geschickt. Sagt er „Nein“ zur Übernahme der Kosten, dürfte der Bau geplatzt sein – ein Debakel kurz vor der Bundestagswahl.
Die Flotte
Grube hat es geschafft, die Pünktlichkeit zu verbessern. 95 Prozent aller Personenzüge waren zuletzt höchstens sechs Minuten verspätet. Aber das ist die Lage im Nah- und Regionalverkehr. Bei den IC und vor allem den ICE sieht es anders aus. Weniger als dreiviertel dieser Verbindungen kamen 2012 rechtzeitig an. Es fehlen dort für die jährlich 128 Millionen Fahrgäste ausreichend Züge. Wegen engerer Wartungsintervalle sind fünf Prozent der ICE-Flotte ständig außer Betrieb. Siemens kann überdies nachbestellte ICE nicht rechtzeitig liefern. Auch blockiert das Eisenbahnbundesamt den Einsatz neuer Nahverkehrszüge, weil es strengere Sicherheitstestate fordert. Derzeit stehen so 133 Triebwagen still.
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Marode Schienen
Nie wurde so viel bei der Bahn gebaut wie es 2013 der Fall sein wird: 900 Baustellen mit Kosten von 4,4 Milliarden Euro. Ein Zehntel des Netzes wird erneuert, 1750 Weichen werden ersetzt. Im Rhein-Ruhr-Raum steht die verspätungsanfällige Strecke Emmerich-Oberhausen-Duisburg auf der Liste. Die Folgen des Sanierungsstaus müssen wettgemacht werden, den Grube-Vorgänger Hartmut Mehdorn durch seinen Sparkurs auslöste. Doch reicht das? Tausende Brücken sollen marode sein. Technik-Chef Volker Kefer schlägt Alarm. „Die Infrastruktur ist nicht nachhaltig finanziert.“ 2,5 Milliarden Euro zahlt der Bund jährlich, eine weitere Milliarde die Deutsche Bahn selbst. Aber der Konzern drängt: Er braucht mehr Geld.