Schmallenberg. . Peter Johansen ist Designer bei Falke. Er ist dafür verantwortlich, welche Farbe und Form Männersocken in der kommenden Saison haben. Die nächste Winterkollektion 2013/2014 ist schon kreiert: Lila oder Lorbeer, Neon und Nebelblau, Moos oder Mango sind die Farben, die Mann künftig am Fuß trägt.

Nach Weihnachten ist vor Weihnachten. Beim Strumpfhersteller Falke — deutscher Marktführer mit Sitz im Sauerland — ist die nächste Winterkollektion längst kreiert, gestrickt und unterwegs in den Handel.

Designer Peter Johansen, der kreative Kopf fürs maskuline Beinkleid, bringt mehr Farbe ins Spiel: Die Männerwelt, traditionell in Grau, Schwarz, Braun und Beige unterwegs, fasst Mut. Neben den NOS-Farben („never out of stocks“, immer auf Lager!) finden zunehmend Socken in Lila oder Lorbeer, Neon und Nebelblau, Moos oder Mango Käufer. „Im Moment läuft Grün und Gelb wie geschnitten Brot“, sagt der Däne mit Arbeitsplatz in Deutschland.

Ein Portal für Kreative

Lag der Anteil an bunten Strümpfen für Männer bei Falke vor ein paar Jahren noch bei überschaubaren acht Prozent, macht er aktuell ein Viertel aus. Vor allem in der Luxus-Kollektion läuft Farbe formidabel. Johansen freut’s. Schlimm seien die 1990er-Jahre gewesen, als der Modeguru Prada in eine komplett schwarze Welt abtauchte, „das war hart für uns“.

Ein Textilhersteller kann die angesagten Modelinien natürlich nicht ignorieren. Designer müssen alle Trends kennen – ob auf der Straße oder den internationalen Laufstegen. Das lizensierte Portal für Kreative hilft dabei.

Die Kreativen von Falke, das sind zuallererst die Designer unterm Dach. Johansen ist einer von sechs, die den Strickbereich bestimmen. Lange hat der 52-Jährige in der Pariser Haute Couture gewirkt, bis er vor 20 Jahren durch einen Zufall Herr der Herrenstrümpfe bei Falke wurde. Montags fliegt er an die Lenne, donnerstags geht’s zurück an die Seine - dazwischen immer mal wieder Stopps in Italien und Großbritannien.

Was den Stil angeht, müsse man nach Mailand gucken, sagt der Skandinavier. Die größte Inspiration liefere London. Beim Verkauf geben die Franzosen die Schlagzahl vor.

Ein Drittel der gesamten Produktion wird im Drei-Schicht-Betrieb im Sauerland gefertigt – von rund 800 Mitarbeitern. Ein Strumpf wandert durch 16 Abteilungen und wird dutzendmal in die Hand genommen, bevor er das Haus verlässt. Jedes Teil wird gekettelt, gewendet, kontrolliert, geformt und gelegt, am Ende mit Seide gefüllt und gepackt.

117 Jahre Falke: eine Familien- und Erfolgsgeschichte

1895 gründet Dachdecker Franz Falke-Rohen, der in den Wintermonaten als Saisonstricker arbeitete, seine eigene Strickerei. 1918 Kauf der „Woll- und Haargarnspinnerei Carl Meisenburg“ in Schmallenberg (später FALKE Garne).

1920 wird in Schmallenberg eine neue Fabrik gebaut – heute noch der Firmensitz der Falke Gruppe.

1939 Erwerb der bereits 1810 gegründeten Schmallenberger „Strickwarenfabrik Salomon Stern“, in der Franz Falke-Rohen früher Stricker war. Die Firma „Salomon Stern“ firmiert heute unter Falke Fashion.

1974 Gründung der Falke-Gesellschaften Portugal, Österreich, Ungarn und Südafrika als Produktionsstandorte.

2008 übernimmt Falke die Markenrechte an Burlington vom US-Konzern ITG/Burlington Industries.

März 2012: Eröffnung einer neuen Produktionsstätte in Leskovac (Serbien).

Die Falke Gruppe – in vierter Generation geführt von Paul Falke und dessen Cousin Franz-Peter Falke – erwirtschaftete im Jahr 2011 einen Umsatz von rund 240 Millionen Euro – davon 43 Prozent im Ausland.

Am Stammsitz in Schmallenberg beschäftigt die Gruppe rund 800 Mitarbeiter, weltweit 3 100.

Obwohl an die 500 Maschinen im Stricksaal rund um die Uhr rattern – darunter noch mechanische 70 Jahre alte britische Bentleys oder schwäbische Modelle, die schon seit einem halben Jahrhundert verlässlich feinste Socken fertigen – ist für den bestrumpften Fuß trotzdem noch viel Handarbeit gefragt. Zumindest für einen Falke-Strumpf, dessen Käufer Qualität schätzen und sie auch bezahlen (können). Johansen stellt klar: „Das Socken-Doppelpack für sechs Euro können wir nicht anbieten“. Will Falke auch nicht. Die Sauerländer wollen in der Spitze stricken.

Der „enge Kontakt zum Produkt“ ist dem Designer wichtig. Jedes neue Garn geht durch seine Finger, im Stricksaal fachsimpelt er oft mit dem Chef der Maschinen.

In Florenz, auf der größten Garnmesse der Welt, fängt das Leben einer Falke-Socke an. Baumwolle in allen Qualitäten sowie Seide kommen aus Italien. Hauptsächlich deutsche Firmen liefern die Wolle. „Garne“, erklärt Johansen, „sind eine Wissenschaft für sich.

Bleibt die Frage, was es an einer Socke, deren Vorläufer bereits im 4. Jahrhundert nach Christus in Syrien und Ägypten ausgegraben wurden, überhaupt noch zu designen gibt? Eine Socke hat doch „nur“ Spitze, Ferse, Sohle, Schaft und Bund. Ok, manchmal auch keinen Bund.

Einerseits ist der mitteleuropäische Fuß immer länger und größer geworden. Andererseits sind seit den 1990er-Jahren in Zusammenarbeit mit der Kölner Sporthochschule Sportsocken mit Fadenverlauf nach anatomischer Fußform entstanden, erzählt Peter Johansen.

Und weil wir heute ganz genau wissen, wie der Mensch steht, geht, läuft und abrollt, gilt auch für die Socke: Rechts und links sind deutlich zu unterscheiden.