Berlin. Seit der Wiedervereinigung waren noch nie so viele Menschen in Deutschland von Armut bedroht wie heute. Zu diesem Ergebnis kommt der Paritätische Wohlfahrtsverband - und fordert sofortige Gegenmaßnahmen wie einen gesetzlichen Mindestlohn. Das Ruhrgebiet gilt als besonders problematische Region.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband fordert ein milliardenschweres Sofortprogramm zur Bekämpfung der Armut in Deutschland. Seit 2006 sei die Armutsgefährdungsquote stetig gestiegen und habe 2011 mit 15,1 Prozent einen neuen Höchststand erreicht.

Seit der Wiedervereinigung "hatten wir noch nie so viele von Armut bedrohte Menschen wie im Jahr 2011", sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbandes, Ulrich Schneider. Er verwies auf das wachsende Problem von Niedriglöhnen und prekären Beschäftigungsverhältnissen. Das Phänomen der sogenannten working poor sei das, "was unsere Gesellschaft wirklich umkrempelt".

Das Ruhrgebiet gilt als besonders Armutszone

Als armutsgefährdet gilt, wer für seine Lebensführung weniger als 60 Prozent des durchschnittlichen Einkommens zur Verfügung hat. Nach der regionalen Auswertung des Verbandes sind in Bayern und Baden-Württemberg weitaus weniger Menschen von Armut betroffen.

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Mit Bremen landet im Länderranking erstmals ein westdeutsches Bundesland auf dem letzten Platz. Dort beträgt die Quote 22,3 Prozent. Zu den besonderen Problemregionen zählt der am Donnerstag vorgestellte Bericht neben Mecklenburg-Vorpommern auch Berlin und das Ruhrgebiet.

Wohlfahrtsverband fordert Mindestlohn und mehr Hartz IV

Um diesem Problem zu begegnen, forderte der Verband die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns, die Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze sowie eine Reform des Wohngeldgesetzes. Diese Maßnahmen würden "erst mal" zwischen zehn und 20 Milliarden Euro kosten, erklärte Schneider.

Dies sei zwar viel Geld, aber "wir haben das Geld", fügte er hinzu und verwies auf rund 4,8 Billionen Euro, die auf den Konten deutscher Privathaushalte lägen. Der Paritätische Gesamtverband stellt am Vormittag in Berlin seinen Bericht zur regionalen Armutsentwicklung in Deutschland vor. (dpa/afp)