Düsseldorf. ThyssenKrupp-Vorstandschef Heinrich Hiesinger macht das frühere Management des Essener Stahlriesen für die milliardenschweren Verluste in Übersee verantwortlich. Aufsichtsratschef Gerhard Cromme sowie das Kontrollgremium insgesamt treffe keine Schuld, so Hiesinger in einem Zeitungsinterview.
Der Vorstandsvorsitzende des angeschlagenen Stahlherstellers ThyssenKrupp, Heinrich Hiesinger, hat den in die Kritik geratenen Aufsichtsratschef Gerhard Cromme verteidigt. Sein persönliches Vertrauen zu Cromme, dem in der Öffentlichkeit eine Mitschuld für die Milliardenverluste des Konzerns gegeben wird, sei in der Krise noch gewachsen, sagte Hiesinger der Wochenzeitung "Die Zeit" laut Vorabbericht vom Dienstag.
Zugleich nahm Hiesinger das gesamte Kontrollgremium im Zusammenhang mit dem Desaster der neuen Stahlwerke in Übersee in Schutz. "Der Aufsichtsrat hat regelmäßig externe Gutachten eingeholt, wenn er zweifelte und zusätzliche Informationen wollte. Aber stets wurden die Aussagen des Vorstands bestätigt", sagte Hiesinger der Zeitung.
ThyssenKrupp-Chef macht Vorgänger für Milliardenverluste verantwortlich
Aus Hiesingers Sicht ist das frühere Management von ThyssenKrupp für die rund fünf Milliarden Euro Verlust verantwortlich, die aus erfolglosen Stahlwerken in den USA und Brasilien stammen. "Letztlich hat der damalige Vorstand zu optimistische Angaben gemacht und die Risiken nicht ausreichend dargestellt", erklärte er.
Als eine Konsequenz aus der Krise hatte ThyssenKrupp kürzlich drei Vorstände gefeuert. Kritiker hatten aber auch Cromme eine Teilschuld an der Misere gegeben, weil die Verluste unter seiner Oberaufsicht anfielen. Cromme hatte jedoch einen Rücktritt abgelehnt und ebenso wie Hiesinger die ehemalige ThyssenKrupp-Führung für die Verluste verantwortlich gemacht.
Cromme lehnt Rücktritt als Aufsichtsratschef des Stahlriesen kategorisch ab
Der Konzern mit weltweit rund 150.000 Beschäftigten wird von Milliardenverlusten, Kartellverstößen und Korruptionsvorwürfen erschüttert. Einige Aktionärsschützer werfen Cromme vor, bei der Kontrolle des Unternehmens versagt zu haben und fordern seinen Rücktritt. Cromme lehnt dies kategorisch ab. Er steht seit 2001 an der Spitze des Aufsichtsrats. (dapd / reuters)