Berlin. . Die Regierungskoalition will Kunden von Risikolebensversicherungen in letzter Minute vor erheblichen Verlusten bewahren. Dafür dürfte ein Gesetz nicht wie vorgesehen noch vor Weihnachten in Kraft treten, das danach die Ausschüttung von Reserven der Versicherer an die Kunden deutlich senkt.

Die Regierungskoalition will bestimmte Versicherungskunden in letzter Minute vor erheblichen Verlusten bewahren. Diese können eintreten, wenn das Gesetz zu einer geringeren Beteiligung der Inhaber von Kapitallebensversicherungen wie vorgesehen am 21. Dezember in Kraft treten würde. Dieses sieht vor, dass die Versicherten nicht mehr verbindlich zur Hälfte an den Bewertungsreserven des jeweiligen Anbieters beteiligt werden. Insbesondere Kunden, deren Verträge bald auslaufen, kann die Neuregelung um Tausende Euro bringen.

Bis zu zehn Prozent Verlust

Die Gesetzesänderung ist erst im November beschlossen worden. Hintergrund sind die niedrigen Zinsen auf den Kapitalmärkten. Den Versicherungen fällt es dadurch schwer, die Garantiezinsen für Lebens- oder Rentenversicherungen zu erwirtschaften. Mit der Reform bei den Bewertungsreserven soll die finanzielle Lage der Unternehmen stabilisieren. An den Ausschüttungen insgesamt ändert sich nichts. Nur wird eine Umverteilung unter den Kunden erreicht, bei der jene mit noch lange laufenden Verträgen profitieren, jene mit kurzen Laufzeiten zu Verlierern werden. Im schlimmsten Fall büßen betroffene Kunden bis zu zehn Prozent ihrer erhofften Auszahlung ein. Dagegen kann in Einzelfällen die Kündigung der Police helfen. Da das Gesetz aber schnell in Kraft treten soll, können die meisten Verträge gar nicht mehr fristgerecht aufgelöst werden.

„Wir müssen prüfen, dies zu korrigieren“, sagt der Finanzfachmann der Unionsfraktion, Klaus-Peter Flosbach. Eine entsprechende Bitte sei an das Bundesfinanzministerium gerichtet worden. Die Abgeordneten sind seinen Worten nach in den vergangenen Wochen von einer Vielzahl an Beschwerden überrascht worden. Statt der von Experten in den Bundestagsanhörungen genannten ein bis zwei Prozent geringeren Auszahlungen müssten Betroffene in Einzelfällen mit weitaus höheren Abschlägen rechnen.

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Wie es nun weitergeht, ist noch ungewiss. Die Änderung könnte ganz ausgesetzt oder der Stichtag verschoben werden. Auch eine Deckelung der Verluste ist denkbar. Allerdings wird in der FDP-Fraktion derzeit kein Änderungsbedarf gesehen. „Man muss zu dem stehen, was man macht“, heißt es aus liberalen Kreisen.

Unterdessen warnen Verbraucherschützer die Kunden der Versicherungen vor einer übereilten Kündigung ihrer Verträge. „Auf keinen Fall sollte man in Torschlusspanik verfallen und vorschnell aussteigen“, heißt es von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Zunächst sollten die Vertragsbedingungen genau geprüft werden. Nur wenn der Stichtag jetzt doch noch verschoben wird, kann eine Auflösung womöglich größeren Schaden abwenden. Außerdem gibt es keinen für alle Policeninhaber geltenden Rat, weil die Auswirkungen des Gesetzes von Versicherung zu Versicherung und von Vertrag zu Vertrag sehr unterschiedlich sind. Auch entgehen den Versicherten Erträge aus den Überschüssen der Versicherung, wenn sie sich vorzeitig verabschieden. Genaues Rechnen ist also angezeigt.

Reform liegt auf Eis

Die Union wehrt sich gegen den Vorwurf, die Änderung sei über Nacht eingeführt worden. Doch etwas seltsam ist die Entstehungsgeschichte schon. Ursprünglich sollte die Regelung Teil des Versicherungsaufsichtsgesetzes sein. Doch diese Reform liegt aufgrund veränderter EU-Vorgaben für die Branche auf Eis. Daraufhin hat die Koalition den jetzt umstrittenen Teil herausgelöst und an ein anderes Gesetz angehängt und dies dann im November mit Stichtag im Dezember verabschiedet.