Berlin. Etwa 60 Prozent der Bürger haben eine Lebensversicherung, manche sogar zwei. Aber niedrige Zinsen verunsichern die Verbraucher. Viele wissen nicht, ob sich eine Lebensversicherung als Altersabsicherung noch lohnt. Experten raten: Vor allem ältere Verträge sollte man nicht zwangsläufig kündigen.

Manche Bürger schauen heute beunruhigt in Richtung Rente. Das liegt nicht nur an der politischen Debatte über die Altersarmut. Auch der Blick auf den jährlichen Kontoauszug der Kapitallebensversicherung kann das Fürchten lehren. Seit einigen Jahren sinken die Zinsen – und damit sinkt auch der Zuwachs der Beträge, die zum Ruhestand ausgezahlt werden.

Nach Sparbuch und Rentenversicherung ist die Kapitallebensversicherung die beliebteste Geldanlageform im Land. Etwa 60 Prozent der Bundesbürger haben einen Vertrag, manche sogar zwei.

Doch die Erträge waren schon mal höher. In den 80er- und 90er-Jahren versprachen die Versicherungen ihren Kunden eine Gesamtverzinsung von sechs bis sieben Prozent. Heute „liegt das Niveau der Gesamtverzinsung bei etwa vier bis 4,5 Prozent“, sagt Peter Schwark vom Verband der Deutschen Versicherungswirtschaft. Und er fügt hinzu: „Möglicherweise wird es noch weiter absinken.“ Einige Experten schildern die Lage noch etwas trister. Die Ratingagentur Assekurata kam zu dem Ergebnis, dass die Lebensversicherer 2012 erstmals weniger als vier Prozent Zinsen im Durchschnitt zahlten.

Zahlen-Check

Ein Rechenbeispiel zeigt, um welche Summen es gehen kann. Eine monatliche Einzahlung von 100 Euro über 15 Jahre mit fünf Prozent Zinsen bringt am Ende 26 596 Euro. Bei drei Prozent sind es 22.681 Euro. Verlust zu Lasten des Versicherten: knapp 4000 Euro.

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Damit nicht genug. Wer seinen Vertrag seriös durchrechnen und prüfen lässt, muss nicht selten feststellen, dass er noch weniger Ertrag erwirtschaftet. Die reale Verzinsung kann dann im Umkreis von einem mageren Prozent liegen, berichtete die Zeitschrift Test. Ein Grund: Die Versicherungsunternehmen ziehen von den eingezahlten Beiträgen der Versicherten unter anderem Abschluss- und Verwaltungskosten ab. Im Ergebnis verlieren Kunden mit solchen Verträgen Geld, denn die Rendite liegt unter der Inflationsrate, die die Kaufkraft des angesparten Vermögens permanent vermindert.

Um solche Schlappen zu vermeiden, ist es ratsam, sich die Versicherung, der man sein Geld anvertraut, sorgfältig auszusuchen. Aber auch kundenfreundliche Unternehmen können keine höheren Renditen zahlen, als der Markt erlaubt. Die Finanzkrise hat ins Kontor geschlagen. Kapitalanleger weltweit verloren hunderte Milliarden Euro.

Alter Vertrag

Was macht man in dieser Situation? Den Vertrag der Lebensversicherung kündigen? „Bei alten Verträgen lautet der bessere Rat: Drinbleiben,“ sagt Theo Pischke, Redakteur der Zeitschrift Finanztest. Seine Begründung: Die Versicherten profitieren weiterhin von den vergleichsweise guten Renditen und Vermögen, die in den vergangenen Jahrzehnten erwirtschaftet wurden. Hinzu komme, dass die Kunden bei solchen Verträgen einen großen Teil der Kosten bereits bezahlt hätten.

Neuer Vertrag

Bei neuen Verträgen, die erst in den vergangenen Jahren abgeschlossen wurden, mag die Sache anders aussehen. „Wenn man aussteigen will, sollte man es schnell tun“, sagt Pischke. So könne man den niedrigen Zinsen entkommen, bevor die Versicherung die vollen Abschlusskosten mit den eingegangen Beiträgen verrechnet habe. Allerdings muss man sich fragen: Kann ich anderswo eine bessere Rendite erzielen? Außerdem gibt es die Möglichkeit, den Vertrag der Lebensversicherung zu verkaufen. Wer diese Option wählt, sollte sich sofort die komplette Verkaufssumme auszahlen lassen und nicht auf eine Ratenzahlung vertrauen.