Düsseldorf. . Michael Frege, Bruder des Sängers der „Toten Hosen“, kann mit einem Rekordhonorar als Insolvenzverwalter der deutschen Lehman-Bank rechnen. Die Kritik ist groß. „Solche Summen sind nicht mehr vermittelbar“, sagt Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW).
Es geht um eine Summe, die bislang selbst für hoch bezahlte Insolvenzjuristen kaum erreichbar war. Knapp 834 Millionen Euro könnte der Insolvenzverwalter Michael Frege für die Abwicklung des deutschen Ablegers der US-Investmentbank Lehman Brothers kassieren. Zu diesem Ergebnis kommt jedenfalls ein Gutachten, das Freges Anwaltskanzlei CMS Hasche Sigle in Auftrag gegeben hat. Nun ist die Aufregung groß – nicht nur, da Freges Bruder Andreas besser bekannt ist als Campino, Sänger der Punkrock-Band „Die Toten Hosen“. Campino wurde berühmt, indem er gegen die Oberschicht aufbegehrte. Ausgerechnet sein Bruder soll sich nun an einer Pleite bereichern?
Michael Frege überlässt es seinem Chef Hubertus Kolster, sich dazu zu äußern. „Natürlich sind die Beträge, über die wir reden, für Außenstehende schwer zu vermitteln. Aber für unsere Kanzlei waren und sind die Risiken und der Aufwand sehr hoch. Entsprechend angemessen sollte auch die Vergütung sein“, sagt Kolster, Managing Partner von CMS Hasche Sigle, im Gespräch der WAZ-Gruppe.
„Stundensatz von 300 Euro“
Dann legt Kolster folgende Rechnung vor: „An der Lehman-Insolvenz arbeiten 70 Anwälte und 30 Insolvenzexperten unserer Kanzlei seit vier Jahren. Legt man einen durchschnittlichen Stundensatz von 300 Euro und im Schnitt 1800 Arbeitsstunden pro Person im Jahr zugrunde, kommen wir bis heute auf einen Aufwand von etwa 216 Millionen Euro. Wenn wir am Ende nur 100 Millionen Euro bekämen, wäre es also für uns ein deutliches Verlustgeschäft.“
Zum Vergleich: Bei der Pleite des Karstadt-Mutterkonzerns Arcandor erhielt der Insolvenzverwalter rund 32 Millionen Euro. Im Fall Schlecker ist von 15 Millionen Euro die Rede. Sind diese Fälle etwa weniger komplex als Lehman?
„Es mangelt an Transparenz“, kritisiert der Wirtschaftsprofessor Ralph Westerhoff von der Hochschule Koblenz. „Wie viele Stunden tatsächlich erforderlich sind, ist nur schwer nachvollziehbar und entzieht sich einer Überprüfung.“ Kritik kommt auch von Anlegerschützern. „Solche Summen sind nicht mehr vermittelbar“, sagt Marc Tüngler, der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW).
70 Millionen Euro sind schon für „hohen Kosten- und Personalaufwand“ geflossen
Kolster verweist auf den immensen Aufwand der Kanzlei. „Unsere Arbeit war ja nicht etwa damit getan, in den Tresor zu gucken und das Geld zu zählen. Ganz im Gegenteil: Vier Jahre und akribische Arbeit der Teams im weltweiten Einsatz haben aus wenigen hundert Millionen Euro, die wir vorgefunden hatten, bis heute 15 Milliarden Euro zusammengetragen“, sagt er. „Als wir den Auftrag übernommen haben, waren praktisch die gesamten Bankstrukturen zusammengebrochen. Mit einer Vielzahl eigener Mitarbeiter mussten wir diese Strukturen ersetzen und wieder aufbauen.“ Dafür sei übrigens schon Geld geflossen. „Angesichts des hohen Kosten- und Personalaufwands“ habe die Kanzlei bereits 70 Millionen Euro als Vorschüsse in den vergangenen vier Jahren vom Gericht erhalten.
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Fest steht auch: Das letzte Wort zur Höhe des Honorars ist längst nicht gesprochen. Auch Kolster deutet Zugeständnisse an, wenngleich die Summen immer noch beachtlich wären. „Wir wollen keine Maximalpositionen durchsetzen und haben keine Forderungen erhoben“, sagt Kolster. „Es kann gut sein, dass unser Honorar am Ende des noch Jahre laufenden Verfahrens insgesamt unter 500 Millionen Euro liegen wird.“ Über die Höhe der Vergütung werde das Gericht am Ende des Verfahrens entscheiden, und das könne noch zwei oder drei Jahre dauern. Eines ist Kolster noch besonders wichtig: „Das Honorar geht an die Kanzlei, nicht an Michael Frege persönlich.“