Essen. . Der Essener Baukonzern versucht, Ängste vor einer Zerschlagung zu zerstreuen. Doch Skepsis bleibt. Noch sind die Ankündigungen des neuen Hochtief-Chefs Verdes vage. Eine Zukunftsfrage ist: Welche Rolle spielt künftig noch das Hochbaugeschäft in Deutschland?

Marcelino Fernández Verdes konnte noch so sehr betonen, mit freundlichen Absichten nach Essen gereist zu sein. Vor zwei Jahren schlug dem Manager des spanischen Baukonzerns ACS blanke Ablehnung entgegen, als er das Hochtief-Gebäude betrat. Mitarbeiter reckten Schilder mit dem Schriftzug „ACS? Nein!“ in die Höhe. Auf Plakaten stand: „Wir lassen uns nicht ausplündern.“

Nun wurden Erinnerungen wach. Wieder befürchteten Hochtief-Beschäftigte, dass ihr Unternehmen zerschlagen oder ausgeplündert werden könnte. Die überraschende Ankündigung, Hochtief-Chef Frank Stieler (53) solle vom langjährigen ACS-Manager Verdes (57) ersetzt werden, hatte die Belegschaft in Alarmstimmung versetzt. Von spanischen Eroberern, die nun an die Schatztruhe wollen, war die Rede. Schließlich ist der ACS-Konzern, der sich durch eine feindliche Übernahme die Mehrheit an Hochtief gesichert hatte, hoch verschuldet. Bereits im Sommer musste ACS einen großen Teil seiner Hochtief-Aktien an die spanische Großbank BBVA verpfänden.

Ringen um Hochtief hinter verschlossenen Türen

Entsprechend angespannt war die Stimmung am Dienstag vor der Sitzung des Hochtief-Aufsichtsrats. Man traf sich dort, wo vor zwei Jahren die Emotionen hochschlugen. Diesmal allerdings spielte sich das Ringen um die Zukunft von Hochtief hinter verschlossenen Türen ab. Journalisten blieb auch der Zugang zum Gebäude verwehrt. Erst als klar war, dass der Aufsichtsrat Verdes einstimmig gewählt hatte, öffneten sich die Türen.

Der Vorstand werde „in den nächsten drei bis vier Monaten“ die Strategie für den Konzern „weiterentwickeln“, hieß es in einer Mitteilung, die eilig verteilt wurde. Bereits jetzt stehe fest, dass „eine Zerschlagung oder Filetierung“ von Hochtief keine Elemente der Strategie seien. „Hochtief bleibt ein börsennotiertes deutsches Unternehmen mit Sitz in Essen.“ Was früher selbstverständlich war, muss nun betont werden. Tatsächlich hatten Anleger schon auf die Zerschlagung gewettet und mit Gewinnausschüttungen nach Unternehmensverkäufen gerechnet.

Nun konnte die Gewerkschaft IG Bau zunächst einmal Entwarnung geben. „Ich bin erleichtert darüber, dass sich Spekulationen über eine Zerschlagung als definitiv falsch erweisen“, sagte Gregor Asshoff, der für die IG Bau im Hochtief-Aufsichtsrat sitzt.

Bau-Gewerkschaft fordert von neuem Hochtief-Chef "nachvollziehbare Strategie"

Doch Fragen blieben offen. Warum musste Stieler gehen? Was hat Hochtief-Aufsichtsratschef Manfred Wennemer (65) dazu bewogen, sein Amt niederzulegen? Muss sein Rückzug als Misstrauensvotum gegenüber dem spanischen Großaktionär gewertet werden? Mit Thomas Eichelmann (47) tritt ein Manager die Nachfolge von Wennemer an, der Geschäftsführer einer Beteiligungsgesellschaft namens Aton ist. Die Firma gehört dem Millionär Lutz Helmig, der vor Jahren einmal beim angeschlagenen Herner Baukonzern Heitkamp eingestiegen war.

Der neue Hochtief-Chef Verdes kündigte an, er wolle den Konzern in den nächsten Jahren auf Profitabilität trimmen. Es wird spekuliert, Hochtief wolle im Europageschäft rund 700 Stellen streichen. Eine Zukunftsfrage ist: Welche Rolle spielt künftig noch das Hochbaugeschäft in Deutschland? Damit geht es letztlich um nicht weniger als die Identität von Hochtief.

Auch IG Bau-Vertreter Asshoff sieht noch Klärungsbedarf. Er forderte: „Herr Verdes wird nun eine für uns nachvollziehbare Strategie vorlegen müssen, die den Konzern auf einen soliden Wachstumspfad bringt.“

Sorge um Hochtief

SPD-Chef Sigmar Gabriel unterstützt die Hochtief-Belegschaft im Kampf gegen die feindliche Übernahme.
SPD-Chef Sigmar Gabriel unterstützt die Hochtief-Belegschaft im Kampf gegen die feindliche Übernahme. © WAZ FotoPool
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