Berlin. Deutsche Unternehmen fühlen sich im Internet in ihrer Freiheit eingeschränkt. Das geht aus einer Befragung von 60 Führungskräften hervor. Politiker dagegen, versuchen Regeln für das Internet zu entwerfen um Bürger zu schützen. Damit kommen beide Seiten auf keinen gemeinsamen Konsens.
Mehr Regulierung versus Selbstkontrolle der Masse: Politiker und Unternehmer haben laut einer Studie häufig gegensätzliche Ansichten bei netzpolitischen Fragen. Die größten Differenzen gibt es in der Frage, welche Verhaltensregeln für die digitale Welt gelten müssen, wie Studienleiterin Silke Borgstedt vom Sinus-Institut am Montag in Berlin sagte.
Die Forscher befragten 60 Führungskräfte im Auftrag des Deutschen Instituts für Vertrauen und Sicherheit im Internet (DIVSI), das von der Deutschen Post finanziert wird. Am Dienstag kommen Experten der Branche in Essen zum nationalen IT-Gipfel zusammen.
Borgstedt sagte, viele Politiker äußerten das Bemühen, Regeln zu schaffen, um Bürger zu schützen. Unternehmer sähen sich dadurch in Deutschland aber in ihrer Freiheit eingeschränkt, im Netz zu agieren. Etwa habe ein Politiker im Gespräch mit den Forschern die Befürchtung geäußert, dass die Steuerungsfähigkeit demokratischer Institutionen ein Stück weit verloren gehe, wenn die moderne Informationstechnik weiter Raum greife.
Der "schwarze Peter" Verantwortung
Derartige Ängste empfänden viele Wirtschaftsvertreter hingegen als lästig, fasste Borgstedt den Eindruck aus den Interviews zusammen. Sie sähen im Netz zahlreiche Chancen für neue Vertriebswege und sich als Unternehmen als "Kapitäne im Netz". Firmenchef bedauerten die Macht der internetkritischen Lobby nach dem Motto: "Nur weil die einen zu doof sind, sich zu schützen, müssen die anderen auf Freiheit verzichten."
DIVSI-Direktor Matthias Kammer wies darauf hin, dass die meisten Führungskräfte die Verantwortung für die Gestaltung des Internets bei den Nutzern selbst ansiedelten und sich weitgehend gegen Regulierungen aussprachen. Doch nur etwa ein Viertel der Nutzer habe in einer Studie des Instituts aus dem Frühjahr für völlige Freiheit plädiert. Die meisten Bürger erwarteten den Schutz des Staates. Kammer wies darauf hin, dass die Verantwortung für die Regulierung beziehungsweise Selbstregulierung als "Schwarzer Peter" hin- und hergeschoben werde.
Zeit der Offliner ist vorbei
Weitgehend einig waren sich die Befragten der sogenannten "Meinungsführer-Studie", unter ihnen auch Professoren und Medienmanager, dass sich niemand mehr dem Einfluss des Internets entziehen könnte. "Auch diejenigen, die der Meinung sind, sie seien Outsider und offline, weil sie das persönlich so empfinden, sind in Wirklichkeit doch längst mit der digitalen Welt verbunden", sagte Kammer.
Er bezog sich dabei auf die "Milieu-Studie" seines Instituts, bei deren Erhebungen sich 39 Prozent selbst als digitale Außenseiter bezeichneten. Diese gibt es aber Kammer zufolge nicht mehr, weil etwa über internetfähige Fernseher und Mobiltelefone überall Schnittstellen zum Internet bestünden.
Für März 2013 kündigten Borgstedt und Kammer Ergebnisse einer großen repräsentativen Befragung mit ähnlichen Schwerpunkten an.