Berlin. Manche Medien hatten “Handystorm“ verstanden. Aber nein, Claudia Roth, die um den Parteivorsitz der Grünen kämpfen wird, meinte “Candystorm“, den Anti-“Shitstorm“ der sozialen Netzwerke. Für die zuckersüßen Lobeshymnen bedankte sich Roth vor den TV-Kameras.

Eigentlich gibt es im Internet nur den viel beklagten "Shitstorm", doch Grünen-Vorsitzende Claudia Roth erfuhr in diesen Tagen einen "Candystorm". Ausgedacht hat sich das ihr Parteifreund Volker Beck, Bundestagsabgeordneter und aktiver Twitternutzer.

"Wie nennt man das Gegenteil eines Shitstorms?", fragte er am Sonntagabend auf dem Online-Netzwerk, versehen mit dem Schlagwort "Claudia two more years", noch zwei Jahre Claudia. Kurz darauf hatte er sich festgelegt: "Ein Candystorm für Claudia" sollte es sein. Zucker für die Parteichefin.

Grünen-Politiker und Twitternutzer stiegen ein, um die Parteivorsitzende zum Weitermachen zu ermuntern. "Das Team ist nur vollständig mit Claudia", schrieb einer. "Claudia muss bleiben", forderten die Twitterer.

Damit hatten sie Erfolg: Am Montagmorgen erkläre Roth, dass sie ihr Amt behalten will. Für die Internetcommunity hatte Roth ein Extra-Lob übrig: "Besonders berührt, weil ich das auch nicht kannte bisher, hat mich ein Candystorm, in dem ich direkt aufgefordert werde, zu kandidieren."

Beck findet "Candystorm" schöner als "Lovestorm" oder "Flauschstorm"

Die Piraten, die Partei mit der höchsten Twitterrate, haben als Gegengewicht zu den oft heftigen Auseinandersetzungen im Netz ebenfalls eine Art digitalen Kuschelkurs entwickelt.

Im Gegensatz zum "Shitstorm" wird der Adressat bei einem "Flauschstorm" nicht mit unsachlicher Kritik, sondern mit Zuspruch überschüttet. Beck wollte aber einen neuen Begriff: "Ich finde candystorm besser als lovestorm oder flauschstorm", twitterte er.

Auch die Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt begrüßt die Entscheidung der von Roth. "Wir brauchen Claudia Roth in der Partei, in diesem Wahlkampf", sagte Göring-Eckardt am Montag in Berlin vor Beratungen der Parteigremien.

Den Grünen stehe ein harter Wahlkampf bevor, "da ist sie einfach wichtig, da sie die Partei kennt und die Partei zusammenhalten kann."

Claudia Roth

Claudia Roth wird am 15. Mai 1955 im schwäbischen Ulm geboren. Nach einem Umzug der Familie wächst sie in Bayern auf,
Claudia Roth wird am 15. Mai 1955 im schwäbischen Ulm geboren. Nach einem Umzug der Familie wächst sie in Bayern auf, "im tiefsten, schwärzesten Bayern", wie sie später berichtet. © ddp
Dieses bayerische Umfeld empfindet sie im Nachhinein für ihre Entwicklung gut. In ihrer linksliberal eingestellten Familie habe sie lernen können, zu eigenen Meinungen zu stehen, auch gegen Widerstand.
Dieses bayerische Umfeld empfindet sie im Nachhinein für ihre Entwicklung gut. In ihrer linksliberal eingestellten Familie habe sie lernen können, zu eigenen Meinungen zu stehen, auch gegen Widerstand. © ddp
An ihren Berufswunsch, den sie als Schülerin hatte, erinnert sie sich so: Sie wollte etwas machen,
An ihren Berufswunsch, den sie als Schülerin hatte, erinnert sie sich so: Sie wollte etwas machen, "wodurch die Welt gerechter und lebenswerter wird". Sie geht zum Theater. © ddp
Nach ihrem Theater-Studium in München landet sie in Dortmund. Sie wird Dramaturgin der Städtischen Bühnen und gründet schließlich ein Freies Theater. In Dortmund stößt sie auch auf die damals bekannte Band
Nach ihrem Theater-Studium in München landet sie in Dortmund. Sie wird Dramaturgin der Städtischen Bühnen und gründet schließlich ein Freies Theater. In Dortmund stößt sie auch auf die damals bekannte Band "Ton, Steine, Scherben", deren Managerin Claudia Roth 1982 wird. © ddp
1985 kommt die Politik ins Spiel. Die Bundestagsfraktion der Grünen sucht eine Pressesprechein. Sie bekommt den Job. Die Politik-Karriere der Claudia Roth nimmt ihren Lauf.
1985 kommt die Politik ins Spiel. Die Bundestagsfraktion der Grünen sucht eine Pressesprechein. Sie bekommt den Job. Die Politik-Karriere der Claudia Roth nimmt ihren Lauf. © ddp
1989 wird sie ins Europaparlament gewählt, 1994 als Spitzenkandidatin ihrer Partei noch einmal.
1989 wird sie ins Europaparlament gewählt, 1994 als Spitzenkandidatin ihrer Partei noch einmal. © ddp
In ihrer Brüsseler Zeit widmet sich Claudia Roth vor allem den Menschenrechten. Sie setzt sich zum Beispiel für mehr Rechte der kurdischen Minderheit in der Türkei ein.
In ihrer Brüsseler Zeit widmet sich Claudia Roth vor allem den Menschenrechten. Sie setzt sich zum Beispiel für mehr Rechte der kurdischen Minderheit in der Türkei ein. © ddp
1994 legt die Politikerin in Brüssel einen Bericht zur Gleichberechtigung homosexueller Menschen vor. Er bilde bis heute die Grundlage für die Politik zur Gleichberechtigung von Lesben und Schwulen in der EU, lobt sich Claudia Roth.
1994 legt die Politikerin in Brüssel einen Bericht zur Gleichberechtigung homosexueller Menschen vor. Er bilde bis heute die Grundlage für die Politik zur Gleichberechtigung von Lesben und Schwulen in der EU, lobt sich Claudia Roth. © ddp
1998 kehrt die Politikerin aus Brüssel heim - sie wird in den Bundestag gewählt.
1998 kehrt die Politikerin aus Brüssel heim - sie wird in den Bundestag gewählt. © ddp
Es beginnt ein politischer Zickzack-Kurs, was ihre Ämter betrifft. 2001 wird Claudia Roth Nachfolgerin von Renate Künast als Bundesvorsitzende von Bündnis90/Die Grünen.
Es beginnt ein politischer Zickzack-Kurs, was ihre Ämter betrifft. 2001 wird Claudia Roth Nachfolgerin von Renate Künast als Bundesvorsitzende von Bündnis90/Die Grünen. © ddp
Da es damals bei den Grünen aber noch verpönt war, Amt und Mandat gleichzeitig auszuüben, scheidet sie aus dem Bundetag aus.
Da es damals bei den Grünen aber noch verpönt war, Amt und Mandat gleichzeitig auszuüben, scheidet sie aus dem Bundetag aus. © Fischer / WAz FotoPool
Nur ein Jahr später ist sie aber wieder drin - im Bundestag. Frisch gewählt verzichtet sie auf eine erneute Kandatatur für den Parteivorsitz.
Nur ein Jahr später ist sie aber wieder drin - im Bundestag. Frisch gewählt verzichtet sie auf eine erneute Kandatatur für den Parteivorsitz. © ddp
Während der rot-grünen Regierung unter Kanzler Schröder wird Claudia Roth zur Beauftragten der Bundesregierung für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe. Innerparteilich steht ein neues, altes Amt an...
Während der rot-grünen Regierung unter Kanzler Schröder wird Claudia Roth zur Beauftragten der Bundesregierung für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe. Innerparteilich steht ein neues, altes Amt an... © ddp
...und Claudia Roth wird im Oktober 2004 wieder Teil der Doppelspitze von Bündnis90/Die Grünen.
...und Claudia Roth wird im Oktober 2004 wieder Teil der Doppelspitze von Bündnis90/Die Grünen. © ddp
Seit 2008 ist Cem Özdemir, der erste deutsche Parteichef mit Migrationshintergrund, ihr Partner an der Parteispitze.
Seit 2008 ist Cem Özdemir, der erste deutsche Parteichef mit Migrationshintergrund, ihr Partner an der Parteispitze. © ddp
Ihr letzter gemeinsamer Auftritt vor der Sommerpause ist mit Joachim Gauck, der im Juni 2010 von den Grünen und der SPD für das Amt des Bundespräsidenten vorgeschlagen wird.
Ihr letzter gemeinsamer Auftritt vor der Sommerpause ist mit Joachim Gauck, der im Juni 2010 von den Grünen und der SPD für das Amt des Bundespräsidenten vorgeschlagen wird. © ddp
Weniger glanzvoll: Claudia Roth posiert 2009 vor einer Walze mit der Aufschrift
Weniger glanzvoll: Claudia Roth posiert 2009 vor einer Walze mit der Aufschrift "Weg mit den Atomwaffen!". Mit der Aktion zum Natogipfel in Baden-Baden und Straßburg fordert Roth die atomare Abrüstung in Europa. Grünes Alltagsgeschäft. © ddp
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