Düsseldorf. . Trotz guter Wirtschaftslage und gesunkener Arbeitslosigkeit ist die Zahl der überschuldeten Privatpersonen in diesem Jahr bundesweit angestiegen. Nach Berechnungen der Auskunftei Creditreform stieg die Zahl der Schuldner gegenüber 2011 um drei Prozent auf 6,6 Millionen Betroffene.
Die Zahl der überschuldeten Menschen in Deutschland ist gegenüber 2011 um drei Prozent auf 6,6 Millionen Betroffene gestiegen. Sie müssen zusammen 218 Milliarden Euro zurückzahlen. Damit seien 9,65 Prozent aller über 18-Jährigen, die in Deutschland leben, überschuldet oder wiesen Zahlungsprobleme auf, teilte die Wirtschaftsauskunftei Creditreform am Donnerstag mit. Das sei fast jeder zehnte Bürger.
Auf NRW entfällt das Gros der Neufälle: Die Creditreform registrierte zum Stichtag 1. Oktober 56 000 neue Schuldner. Der Trend: Immer mehr Frauen, ältere Menschen und 20- bis 29-Jährige geraten durch Ratenkredite und teure Autofinanzierungen in die Schuldenspirale.
6,6 Millionen Deutsche sind überschuldet
Werbung der Unternehmen für Raten- und Konsumkredite zeigt negative Wirkung: Die Überschuldung in Deutschland nimmt wieder zu. Zum Stichtag 1. Oktober 2012 war fast jeder zehnte Deutsche überschuldet. Die Wirtschaftsauskunftei Creditreform rechnet damit, dass die Zahl von 6,6 Millionen in diesem auf sieben Millionen im kommenden Jahr steigen könnte.
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Auf den ersten Blick überrascht die Verschärfung der Lage: Die Arbeitslosenzahl ist unter drei Millionen gesunken, die Arbeitnehmer verdienen im Schnitt drei Prozent mehr, die Wirtschaft wächst. „Aber acht Millionen Menschen haben atypische Beschäftigungsverhältnisse und 844 000 Personen befinden sich in der Grundsicherung“, sagte Michael Bretz, Leiter der Abteilung Wirtschaftsforschung bei der Creditreform, gestern in Düsseldorf. Insbesondere Menschen in prekären Milieus neigten zum „Statuskonsum“. Sie verschuldeten sich, um mit Bestellungen aus dem Internet oder bei Versandhändlern „ihre soziale Benachteiligung zu kaschieren“.
Ostdeutsche holen Einkäufe nach
Die Konsumverschuldung, wie sie die Creditreform nennt, zeige sich am deutlichsten in dem signifikant verstärkten Anstieg der Fälle mit „geringer Überschuldungsintensität“ um 4,2 Prozent gegenüber dem Vorjahr. In den neuen Bundesländern schnellte der Anteil sogar um 7,1 Prozent in die Höhe, weil die Ostdeutschen Einkäufe nachholen wollten.
Als Hauptursache für Überschuldung rückt laut Creditreform deshalb „unangemessenes Konsumverhalten“ in den Fokus. Die Fälle nahmen um 31 Prozent zu. Aber auch die Verschuldungsursachen Scheidungen, Trennungen und Krankheit nahmen deutlich zu. Autofinanzierungen und die hohen Energiepreise seien weitere Ursachen. Arbeitslosigkeit und eine gescheiterte Selbstständigkeit waren 2012 indes seltener Auslöser für finanzielle Probleme.
Mehr Frauen betroffen
Creditreform beobachtet, dass in Folge veränderter Lebensformen die Zahl der überschuldeten Frauen immer weiter wächst. Ihr Anteil kletterte in diesem Jahr auf 36,4 Prozent. Darunter sind Alleinerziehende und Frauen, die allein für Schulden geradestehen müssen.
Während sich Jugendliche 2012 vermehrt aus der Schuldenspirale befreien konnten, kommen nun die 20- bis 29-jährigen Twens in finanzielle Probleme. Creditreform registrierte mit 1,56 Millionen Überschuldeten 122 000 Betroffene mehr in dieser Altersgruppe. Aber auch Ältere verschulden sich immer häufiger. In den Gruppen der 50- bis 59-Jährigen und der 60- bis 69-Jährigen nahmen die Fallzahlen jeweils um vier Prozent zu.
Kritische Lage im Ruhrgebiet
Die Überschuldung stieg in allen Bundesländern, besonders stark aber in NRW. 56 000 der 190 000 neuen Fälle wurden zwischen Rhein und Weser registriert. Brennpunkt bleibt das Ruhrgebiet. Zu den zehn deutschen Städten mit der höchsten Schuldnerquote gehört Gelsenkirchen mit 16,24 Prozent. Kritisch ist die Situation aber auch in Duisburg, Herne und Dortmund. Bundesweite Spitzenreiter bleiben aber Bremerhaven (18,32) und Wuppertal (18,09 Prozent).