Tokio. Sie will Griechenland mehr Zeit für Reformen geben, er will lieber auf harte Fakten warten: Die Meinungsunterschiede zwischen IWF-Chefin Lagarde und Bundesfinanzminister Schäuble werden bei Jahrestagung von IWF und Weltbank in der Griechenland-Frage besonders deutlich.

IWF-Chefin Christine Lagarde und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble haben ihre Meinungsverschiedenheiten in der Frage einer Verlängerung des Frist für Griechenlands zur Haushaltssanierung deutlich gemacht.

Lagarde sprach sich am Freitag bei einer BBC-Diskussion am Rande der Jahrestagung von IWF und Weltbank dafür aus, Griechenland angesichts erreichter großer Fortschritte mehr Zeit zu geben. "Ein bisschen mehr Zeit ist nötig", sagte sie.

Schäuble gegen Spekulationen

Schäuble dagegen betonte, erst einmal solle der Bericht der Troika abgewartet werden, ehe man Entscheidungen in Sachen Griechenland trifft. "Wir sollten nicht darüber spekulieren", warnte er. Das schaffe nur neue Unsicherheiten. Im Übrigen sei die Lage in Griechenland einzigartig in Europa und nicht mit anderen Krisenfällen zu vergleichen.

Weidmann mischt sich in Konflikt ein

Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hob hervor, dass "es klar sein (muss), dass eine Streckung des Anpassungszeitraums (für das Land) natürlich auch mit höheren Finanzierungen verbunden ist". Dies müsse mit aller Ehrlichkeit gesagt werden. Zuvor hatte sich IWF-Chefin Christine Lagarde dafür ausgesprochen, Griechenland mehr Zeit für das Erreichen seiner Spar- und Reformziele zu geben.

Auch im Konflikt zwischen Haushaltssanierung und Wachstumsförderung äußerte sich Lagarde flexibler als Schäuble, der unterstrich, nachhaltige Finanzen seien eine Voraussetzung für nachhaltiges Wachstum.

Die Überwindung der Krise sei "unglaublich schwierig", sagte Lagarde in der japanischen Hauptstadt vor den Vertretern der 188 Mitgliedsstaaten des Internationalen Währungsfonds. Es sei wichtig, "den richtigen Rhythmus" für den Abbau der Schulden zu finden. "Das ist ein schmaler Weg, wahrscheinlich ein langer Weg, für den es keine Abkürzung gibt."

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Sie warnte davor, das Wachstum der Sparpolitik zu opfern. Die Krisenbewältigung müsse Priorität haben. Mittelfristig müssten die Schulden gesenkt werden. Strukturelle Reformen seien dann nötig, um langfristiges Wachstum sicherzustellen, erklärte sie weiter.

Lagarde: "Weltwirtschaft in Gefahr"

"Das ist das Paket, das benötigt wird", sagte Lagarde. "Ohne Wachstum ist die Zukunft der Weltwirtschaft in Gefahr." Die weltweite wirtschaftliche Erholung sei noch zu schwach. Für Millionen Menschen seien die Aussichten auf einen Arbeitsplatz noch immer zu schlecht, die Kluft zwischen Armen und Reichen sei noch immer viel zu groß.

Sowohl Lagarde als auch Weltbankpräsident Jim Yong Kim betonte, ohne größere Gerechtigkeit und Gleichheit sei Wachstum nicht nachhaltig. Die Proteste des Arabischen Frühlings hätten gezeigt, dass Wachstum Arbeitsplätze für Junge und Frauen bringen müsse.