Hamm. . Der Beschluss des Bundesrats für eine feste Frauenquote in den deutschen Unternehmen stößt bei Unternehmern auf Ablehnung. Marie-Christine Ostermann Vorsitzende des Verbands “Junge Unternehmer“ kritisiert, die Politik sollte statt dessen für mehr Kita- und Ganztagsplätze sorgen.
Die Initiative des Bundesrates für eine Frauenquote stößt auch bei vielen Frauen auf wenig Gegenliebe. Zu den Gegnerinnen einer Vorgabe gehört auch Marie-Christine Ostermann. Die 34-jährige geschäftsführende Gesellschafterin des Großeinkaufsunternehmen Rullko in Hamm ist zugleich Vorsitzende des Verbands „Junge Unternehmer“.
Frauen stellen die Mehrheit der Abiturientinnen und der Hochschulabsolventen. Nur in Chefetagen sind sie kaum vertreten. Muss der Staat da nicht eingreifen?
Marie-Christine Ostermann: Der Staat muss tatsächlich eingreifen, aber nicht durch eine Frauenquote. Gut ausgebildete Frauen haben keine Lust auf Führungspositionen, wenn sich die Arbeitsbelastung im Beruf nicht mit Kindern und einem Familienleben vereinbaren lässt. Wir brauchen deshalb mehr Kitaplätze und Ganztagsschulen.
Manager sind oft tagelang rund um den Erdball unterwegs und arbeiten oft 16 Stunden am Tag. Ist es nicht eine Illusion, in Spitzenjobs mehr Zeit für die Familie zu gewähren?
Ostermann: Ich bin mir sicher, dass es geht. In den mittelständischen Unternehmen sind mittlerweile 25 Prozent der Führungspositionen mit Frauen besetzt und der Anteil an Chefinnen ist ebenso hoch. Mit einer guten Organisation ist das möglich. Es muss keine ständige Präsenzpflicht geben und keine Konferenzen am Wochenende oder Mailanfragen um zehn Uhr abends. Wir haben zum Beispiel auch Heimbüroarbeitsplätze eingerichtet, die durchaus nicht nur von den Frauen genutzt werden und mehr Zeit für die Familie lassen. Das muss in Konzernen auch möglich sein.
Ist es auch eine Frage der Unternehmergeneration, ob Frauen in Führungsrollen befördert werden oder nicht?
Ostermann: Es gibt oft noch ein tradiertes Rollenverständnis in Deutschland. In den familiengeführten Betrieben setzt sich aber immer mehr die Erkenntnis durch, dass nicht
Regine Stachelhaus, Eon-Personalchefin
Von Hewlett Packard wechselte sie als Geschäftsführerin zu Unicef Deutschland. Das Kinderhilfswerk führte sie nach der Spendenaffäre aus der Krise. Mitte 2010 wurde Regine Stachelhaus zum Vorstandsmitglied des Düsseldorfer Energieriesen Eon ernannt. Als Personalchefin muss die 57-Jährige den Stellenabbau beim größten deutschen Energiekonzern umsetzen. Aber mit Krisensituationen kennt sie sich ja aus.
unbedingt der Sohn das Geschäft übernehmen muss, sondern auch die Tochter das Unternehmen leiten kann. So sind es auch immer häufiger die Töchter, die diese Aufgabe übernehmen.
Familienministerin Kristina Schröder will eine flexible Quote statt einer fixen Vorgabe. Könnten Sie sich damit anfreunden?
Ostermann: Ich lehne beide Formen ab. Die Flexiquote wäre nur das kleinere Übel. Es gibt zum Beispiel im Ingenieurwesen oder den mathematischen Berufen gar nicht genügend Interessentinnen für vorhandene Arbeitsangebote. Da nützt auch keine Quote. Frauen brauchen vielmehr weibliche Vorbilder, die ihnen zeigen, dass diese Berufe auch Spaß machen.
Selbst bei gleicher Qualifikation werden Frauen oft noch schlechter bezahlt. Das stellen Wissenschaftler zumindest immer wieder fest. Gibt es nicht doch eine Ungleichbehandlung, die nach staatlichen Eingriffen schreit?
Ostermann: Das gibt es bei uns im Unternehmen nicht und ich kenne auch kein Mitgliedsunternehmen unseres Verbandes, wo dies der Fall ist. Allerdings höre ich im Bekanntenkreis durchaus diesen Vorwurf. Es gibt aber auch möglicherweise objektive Gründe dafür. Frauen arbeiten öfter als Männer in Teilzeit, pausieren wegen ihren Kindern häufiger zwei oder drei Jahre und arbeiten nicht selten in Branchen, in denen geringere Löhne gezahlt werden. Aber eine unterschiedliche Bezahlung bei gleicher Qualifikation geht gar nicht. Es muss bei der Auswahl des Personals und beim Gehalt allein nach dessen Qualifikation gehen und nicht nach dem Geschlecht.
Jetzt dreht sich die Debatte ja um eine Frauenquote in Aufsichtsräten. Ist das nicht nur ein Bewährungsposten in einem Gremium für altgediente Manager und Gewerkschafter?
„Die Quote wäre ein Signal“
Frauen in Spitzenpositionen? Hier tut sich seit Jahren zu wenig, meint Jutta von Falkenhausen. Deshalb findet es die Vizepräsidentin des Vereins „Frauen in die Aufsichtsräte (FidAR)“ eine „großartige Nachricht“, dass sich der Bundesrat für eine gesetzliche Frauenquote in den Kontrollgremien der Dax-Konzerne ausgesprochen hat.
„Eine feste Quote für Aufsichtsräte ist das richtige Mittel, weil sich sonst nichts bewegt“, meint von Falkenhausen, die die Flexiquote von Familienministerin Kristina Schröder (CDU) dennoch nicht verteufeln möchte. „Die Flexiquote ist für Vorstände kein schlechter Weg“, sagt die Rechtsanwältin. „Aber sie ist nur ein Zusatzmittel zu einer Quote bei Aufsichtsräten.“
Das Argument, wonach manche Konzerne nicht genug geeignete Frauen für Top-Posten finden, hält Falkenhausen bei Aufsichtsräten für falsch. Man müsse nicht Maschinenbau studiert haben, um bei einem Maschinenbauer im Kontrollgremium zu sein. „In den Aufsichtsräten sitzen heute zu 55 bis 60 Prozent Betriebswirte und Juristen“, sagt von Falkenhausen.
In diesen Berufen gebe es seit Jahren gleich viele Frauen und Männer. Ohne eine feste Quote würden Frauen für Aufsichtsrats-Posten aber zu selten vorgeschlagen. Für besonders wahrscheinlich hält von Falkenhausen es nicht.
Ein Veto der Parlamentarier wäre jedenfalls „emotional“ ein großer Rückschlag für Frauen. Denn: „Auch wenn eine Quote nicht alles ändert, wäre sie immerhin ein Signal.“
Ostermann: Ich sitze selbst im Aufsichtsrat von Fielmann und erlebe die vielfältigen Sichtweisen und die enorme Kompetenz der Mitglieder als große Bereicherung. Es müssen mehr Frauen in Aufsichtsräte, doch nicht über eine Quote. Das wäre kontraproduktiv und demotivierend. Ich weiß, wie es sich anfühlt. Bei mir heißt es manchmal, ich sei nur so weit gekommen, weil ich die Tochter des Unternehmensgründers bin. Das ist bei der Quote das Gleiche. Du wirst immer hören, dass du den Posten über die Quote bekommen hast und nicht, weil du besser bist.