Berlin. . Der Staat nimmt permanent mehr Geld ein, verschuldet sich trotzdem weiter.
Während um uns herum die Euro-Krise tobt, scheint der deutsche Staat im Geld zu schwimmen. Die Finanzminister von Bund und Ländern können sich wieder einmal über steigende Steuereinnahmen freuen. Im Juli stiegen die Einnahmen gegenüber dem Juni um 8,6 Prozent.
Der Grund liegt in der florierenden Wirtschaft. Die Leistung der Unternehmen und Beschäftigten wächst, die Firmen stellen neues Personal ein, und zusätzlich wurden die Löhne in vielen Branchen erhöht. Deshalb liefern die Beschäftigten insgesamt mehr Lohn- und Einkommensteuer beim Staat ab. In den ersten sieben Monaten dieses Jahres haben die Finanzminister somit rund 311 Milliarden Euro vereinnahmt – etwas mehr als die Steuerschätzer bei ihrer letzten Berechnung annahmen.
Die Mitarbeiter von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) räumen ein, dass die Belastung der Bundesbürger mit Steuern leicht zunimmt. Demgegenüber sinke aber 2013 der Beitrag zur Rentenversicherung. Unter dem Strich wachse die Einnahmequote des Staates im Verhältnis zur deutschen Wirtschaftsleistung (Bruttoinlandsprodukt, BIP) nur leicht. Und ab kommendem Jahr soll sie wieder sinken. Die Staatsquote liegt derzeit bei etwa 46 Prozent, in den kommenden Jahren soll sie auf 44 Prozent zurückgehen.
Das bedeutet: Von 100 Euro BIP reserviert sich der Staat 44 Euro, um sie für öffentliche Zwecke auszugeben. Der Bund der Steuerzahler hält die Belastung der Bürger dennoch für viel zu hoch. Er macht dafür unter anderem die kalte Progression verantwortlich. Durch die normale Inflation rutschen viele Beschäftigte in einen höheren Steuertarif und müssen mehr Geld an das Finanzamt abführen, obwohl sie faktisch nicht mehr Mittel zur Verfügung haben.
Die kalte Progression wollen Union und FDP bremsen, indem sie den Steuertarif etwas senken. Die Bürger würden um rund sechs Milliarden Euro jährlich entlastet. SPD und Grüne machen das aber nicht mit, weshalb das Vorhaben im Bundesrat zurzeit blockiert ist. Die Opposition argumentiert, die Koalition habe keine Gegenfinanzierung geplant. Unter anderem angesichts steigender Bildungsausgaben könnten Bund und Länder auf das Geld nicht verzichten.
SPD und Grüne wollen Steuererhöhungen
SPD und Grüne planen für den Fall ihres Sieges bei der Bundestagswahl 2013 dagegen Steuererhöhungen. Auf der Liste stehen höhere Abgaben für Vermögen und größere Einkommen. So will die SPD Verdienste ab 64.000 Euro pro Jahr für Singles stärker belasten. Außerdem soll der Spitzensteuersatz steigen.
Obwohl die Steuereinnahmen zulegen, verschulden sich Finanzminister Schäuble und seine Länderkollegen dieses Jahr mit zusätzlichen 35,5 Milliarden Euro, 2013 ist ein Defizit von 21,5 Milliarden geplant. Die SPD kritisiert, Schäuble müsse den Haushalt schneller sanieren. Der widerspricht: Weitere Einsparungen im Sozial- oder Bildungsbereich wolle er den Bürgern nicht zumuten.