Essen. Der neue RWE-Chef Peter Terium macht ernst. Er will massiv Stellen verlagern oder streichen und Firmenbeteiligungen verkaufen. Es geht um insgesamt 10.400 Arbeitsplätze. Terium fordert einen „Kulturwandel“ im Konzern – und denkt schon ans Sparen nach 2014.

Peter Terium meldet sich per Telefonkonferenz zu Wort, um seine Pläne für RWE zu skizzieren. Gerade erst hat der Vorstand weiteren Stellenabbau beschlossen, da formuliert der Konzernchef schon neue Sparziele. „Nach 2014 wird es weitere Einsparungen geben“, sagt Terium unumwunden.

Dabei steckt in den beschlossenen Sparpaketen bereits erheblicher Zündstoff. Vor wenigen Tagen hat Terium mit seinen Vorstandskollegen besiegelt, dass weitere 2400 der rund 72.000 Jobs von RWE wegfallen sollen. Im Herbst hatte der Energiekonzern außerdem angekündigt, 8000 Stellen zu streichen. Es geht also um insgesamt 10 400 Arbeitsplätze. Wohlgemerkt: Etwa 3000 RWE-Mitarbeiter sollen durch Firmen- und Beteiligungsverkäufe ausscheiden, mit denen Terium bis Ende nächsten Jahres rund sieben Milliarden Euro einnehmen will.

Terium: "Maßnahmen sind unumgänglich"

Offensiv verteidigt Terium seine Pläne, die unter der Überschrift „RWE 2015“ laufen. „Diese Personalmaßnahmen sind unumgänglich, wenn wir die Wettbewerbsfähigkeit von RWE erhalten wollen“, sagt der niederländische Manager, der erst im Juli als Nachfolger von Jürgen Großmann an die RWE-Spitze gerückt ist. Terium mahnt „einen Kulturwandel“ im Konzern an – hin zu „einer stärkeren Leistungskultur“.

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Ziel sei es, die Kosten bis Ende 2014 um eine Milliarde Euro pro Jahr zu senken. Der Personalabbau soll unter anderem durch Abfindungen und Vorruhestandsregelungen erfolgen, sagt Terium. Zwei Drittel der 2400 Stellen, die gestrichen oder verlagert werden sollen, befinden sich in Deutschland, ein Drittel im Ausland. Vor allem in der Verwaltung, etwa im Personal- , Rechnungs- und Finanzwesen, will Terium sparen. Jobverlagerungen zeichnen sich außerdem für die IT-Abteilung ab.

Jobgarantie auf dem Prüfstand 

Auf dem Prüfstand steht auch die Beschäftigungszusage für RWE-Mitarbeiter. Die Vereinbarung mit den Arbeitnehmern läuft Ende 2012 aus. Die Gewerkschaft Verdi fordert, die Jobgarantie bis Ende 2023 zu verlängern und auf RWE-Minderheitsbeteiligungen wie die Netztöchter Amprion und Thyssengas auszuweiten.

Terium hingegen fordert ein Umdenken. Arbeitsplatzsicherheit für mehrere Jahre im Voraus zu vereinbaren, sei nicht mehr möglich, denn die Zukunft sei zu unsicher. „Flexibilität und Mobilität sind die beste Beschäftigungsgarantie“, sagt er. „Je größer die persönliche Beweglichkeit, desto höher die Arbeitsplatzsicherheit.“

Ein heikler Punkt ist auch das Thema Mitbestimmung. Eine neue Kraftwerkssparte für etwa 18.000 Beschäftigte will Terium als europäische Aktiengesellschaft („Societas Europaea“, kurz SE) gründen – ein Novum bei RWE. In der Unternehmenseinheit geht die Kölner Tochterfirma RWE Power auf. Hier gilt die Montanmitbestimmung, die den Belegschaftsvertretern erheblichen Einfluss sichert. Üblich bei einer SE-Gesellschaft wären zwölf Aufsichtsratsmitglieder. Um den Gewerkschaften entgegenzukommen, erwägt die RWE-Führung, einen größeren Aufsichtsrat mit 20 Mitgliedern zu schaffen.

Widerstand der Gewerkschaften 

Terium hat mit Widerstand und Skepsis bei den Gewerkschaften zu kämpfen, schließlich verzeichnet RWE nach wie vor gute Gewinne. „Wir lehnen den Abbau von weiteren 2400 Stellen ab“, teilte Verdi mit. Die Gewerkschaft IGBCE erklärte: „Wir rechnen mit harten Verhandlungen in der Sache. RWE wäre gut beraten, den Weg vernünftiger Zusammenarbeit nicht zu verlassen.“ Terium strebt zwar an, den Stellenabbau „sozialverträglich“ umzusetzen, aber er schließt betriebsbedingte Kündigungen nicht aus. Offensichtlich macht Terium Druck, damit sich Mitarbeiter zum Jobwechsel entschließen.