Essen. . Der neue RWE-Chef Peter Terium will sparen und tausende Stellen streichen. Die Gewerkschaft Verdi ist alarmiert – und geht auf Konfrontationskurs. Dabei war eigentlich erklärtes Ziel der RWE-Führung in Essen, Unruhe wie beim Düsseldorfer Konkurrenten Eon zu vermeiden.
Der Ton, den die Gewerkschaft Verdi anschlägt, ist kämpferisch. Von einem „dramatischen Personalabbau“ ist in einem Flugblatt an die Mitarbeiter die Rede – und von Plänen, „deutsche Arbeitsplätze massiv ins Ausland“ zu verlagern. Das Schreiben lässt erahnen, wie angespannt die Stimmung beim Essener Energiekonzern RWE ist. Rund zwei Wochen nach seinem Amtsantritt droht dem neuen Vorstandschef Peter Terium die erste Konfrontation mit den Arbeitnehmervertretern.
Nach Angaben der Gewerkschaft plant RWE, weitere 2000 bis 5000 Stellen zu streichen – zusätzlich zum bereits bekannten Abbau von 8000 Jobs. Das Vorhaben läuft unter der Überschrift „RWE 2015“. Noch sind viele Details des Sparpakets unklar, doch es zeichnet sich ab, dass der Konzern Verwaltungsabteilungen wie die Lohnbuchhaltung oder das Rechnungswesen ins Ausland verlagern will – vermutlich nach Osteuropa, wo niedrigere Löhne gezahlt werden. „Wir stehen zum Konzernsitz in Essen. Aber wenn wir bestimmte Abteilungen bündeln, muss das nicht immer in Deutschland sein“, hatte Terium vor wenigen Wochen im Interview mit dieser Zeitung gesagt.
Auch die Fahrbereitschaftfür RWE-Manager wird abgeschafft
Wann und in welchen Bereichen der Energiekonzern Jobs streichen wolle, habe der Vorstand bislang nicht genau erläutert, heißt es bei Verdi. Somit bleibt zunächst auch unklar, wie tief der Einschnitt an den wichtigen RWE-Standorten Dortmund und Essen sein wird. Derzeit beschäftigt RWE etwa 72 000 Mitarbeiter, davon knapp 42 000 in Deutschland. Terium hatte die Belegschaft bei seinem Amtsantritt auf Einschnitte vorbereitet, jedoch stets betont, auf ein gemeinsames Vorgehen mit den Arbeitnehmervertretern zu setzen. RWE steht unter Druck: Durch den Atomausstieg und die Folgen der Energiewende kommt weniger Geld in die Kasse.
Die Botschaft des niederländischen Managers Terium, der Anfang des Monats die Nachfolge von Jürgen Großmann angetreten hatte, lautet: „Wir müssen sparen und effizienter werden.“ Als symbolisch darf wohl auch die Entscheidung gelten, die Fahrbereitschaft für Manager des Konzerns bis zum Jahr 2015 aufzulösen. Führungskräfte aus der zweiten oder dritten Managementebene sollen künftig einfach ein Taxi bestellen, wenn sie einen Termin außer Haus haben.
Doch es geht auch ums Große und Ganze. Arbeitnehmervertreter und Konzernführung verhandeln derzeit über das Thema Kündigungsschutz. Verdi fordert, den bis Ende des Jahres geltenden Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung bis Ende 2023 zu verlängern und auf RWE-Firmenbeteiligungen wie die Netzbetreiber Amprion oder Thyssengas zu erweitern. „Wir lassen nicht zu, dass die Belegschaft auseinanderdividiert wird“, argumentiert die Gewerkschaft. Doch es erscheint zweifelhaft, dass sich die RWE-Führung auf einen derart langen Zeitraum festlegen lässt.
Anfang August entscheidet der Vorstand
Terium wirbt bei den Beschäftigten um Vertrauen. „Wir wollen diesen Umbau sozialverträglich umsetzen. Das, was wir tun, machen wir schrittweise und vernünftig dosiert“, sagte er dieser Zeitung. „Betriebsbedingte Kündigungen möchten wir soweit wie möglich vermeiden.“ Anfang August will der RWE-Vorstand über das weitere Vorgehen entscheiden. Danach stehen die Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern über einen Interessenausgleich an.
Dass der Konzern vor einer Gratwanderung steht, symbolisiert auch eine heikle Personalie. Der Konzernbetriebsratschef von RWE, Uwe Tigges, wechselt in wenigen Monaten die Seiten und wird neuer Personalvorstand. Im kommenden Jahr soll Tigges die Nachfolge des bisherigen Vorstandsmitglieds Alwin Fitting antreten.
Erklärtes Ziel der RWE-Führung in Essen ist es, Unruhe wie beim Düsseldorfer Konkurrenten Eon zu vermeiden. Dort hatte Vorstandschef Johannes Teyssen vor einem Jahr die Arbeitnehmervertreter mit seinen Plänen überrascht, bis zu 11 000 der 80 000 Stellen zu streichen. Die Arbeitnehmer waren danach auf die Barrikaden gegangen, ehe es zu einer Einigung mit dem Vorstand kam.